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Literatur-Showbusiness

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Die Vorbereitungen zum diesjährigen literarischen „Mega Event” sind weitgehend abgeschlossen. Schon etliche Tage vor der offiziellen Eröffnung der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, die am Vorabend seiner 1.000-Jahr-Feiern Österreich eingeladen hat, sich zu präsentieren, beginnt der Veranstaltungsreigen; jahrelang vorbereitet vom Komitee Frankfurt '95, das seinerseits vom vormaligen Bundesministerium für Unterricht und Kunst eingeladen worden ist, die Bepräsentation Österreichs zu organisieren. Wer jetzt noch nicht eingeladen worden ist, wird es also kaum mehr werden. Kein Wunder, daß die medial gut zu gebrauchende Aufgeregtheit steigt.

Da gibt es einmal die Protestwelle gegen den Eröffnungsredner (siehe Seite 3), weil niemand so recht glauben kann, daß die Messe AG in Frankfurt ganz von selbst auf die Idee gekommen ist, Robert Menasse einzuladen. Da fühlten sich schon vor vielen Monaten die Bundesländer gegenüber der Bundeshauptstadt benachteiligt und haben sich deshalb (wie etwa Oberösterreich oder die Steiermark) entschlossen, eigenständige

Präsentationen durchzuführen. Hatte man seitens der Buchmesse AG schon Bedenken, dem relativ kleinen Österreich mit seiner dem Deutschen nicht unähnlichen Sprache einen eigenen Schwerpunkt zuzugestehen, so scheint der Österreich-Schwerpunkt nun ein wenig in regionale Schwer -punkterln zu zerfallen - in bester österreichisch-diminutiver Tradition.

Das liegt allerdings kaum am Komitee, dem redliches Bemühen, den an einen Flohzirkus erinnernden, heutigen Literaturbetrieb unter einen Hut zu bringen, nicht abzusprechen ist. Vielmehr liegt die Schuld dafür in den durch Showelemente angereich-terten Eifersüchteleien, Intrigen und der heute nicht mehr lokalisierbaren historischen Spaltung der heimischen Literaturszene in Traditionalisten und (zum Teil selbsternannter) Avantgarde, die sich vom Kleinstverleger bis zum Universitätsprofessor erstreckt. Klar sollte aber doch sein, daß unsere Großschriftsteller, die ja durchwegs von deutschen Verlagskonzernen ihre Honorare beziehen, keines Österreich-Schwerpunktes bedurft hätten, um in Frankfurt zu punkten, viel eher jene, die sich im Literaturbetrieb nicht so gut bewegen können oder wollen.

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