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Chinas Außenpolitik: ohne Anhänger

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Nun ist dieser eindeutige Kurswechsel der nordkoreanischen Kommunisten an sich schon äußerst bedeutungsvoll, da er einmal mehr beweist, daß Pekings radikal-revolutionäre— oder besser: radikal-welt- revolutionäre — Außenpolitik außerhalb der Chinesischen Mauer in Asien selbst immer weniger Anhänger findet. Aber die eigentliche weltpolitische Bedeutung des Kurswechsels in Nordkorea ist nur im Zusammenhang mit dem Geschehen in Vietnam erkennbar. Wenn eingangs darauf hingewiesen wurde, daß dieser Kurswechsel heute von einer Publikation des Informationsdienstes der amerikanischen Regierung bestätigt wird, dann sollte damit auf den Widerspruch hingewiesen werden, der zwischen den Voraussetzungen der amerikanischen Vietnampolitik und den Ereignissen in Nordkorea besteht. Die amerikanische Vietnampolitik geht von der Voraussetzung aus, daß die asiatischen kommunistischen Regimes Satelliten Pekings sind, daß so etwas wie ein „asiatischer Titoismus“ nicht möglich ist und ohne eine militärische Intervention der USA ganz Asien über kurz oder lang eine Beute Pekings würde. Diese amerikanische These hat bekanntlich ihre Propagandisten gefunden, man denke bloß etwa an das 1964 erschienene Buch von E. Kux und J. C. Kun über Nordvietnam und Nordkorea, dem die Verfasser kühn den Titel gäben: „Die Satelliten Pekings.“ Die ser Titel ist, was Nordkorea anbelangt, inzwischen von den Ereignissen dementiert worden, und wer die

Geschichte Nordvietnams studiert hat, der weiß, daß er auch der Situation in Nordvietnam nie in diesem absoluten Sinne entsprach.

Der Kurswechsel in Nordkorea beweist, daß ein asiatischer kommunistischer „Neutralismus“ im Sinne Jugoslawiens und Rumäniens durchaus möglich wäre. Moskau ist es mit einer geschickten Politik gelungen, Nordkorea von Peking zu lösen, und da man weiß, daß Ho Chi Minh in Nordvietnam seit jeher mit dem Neutralismus liebäugelte, wäre Moskau höchst wahrscheinlich dasselbe auch in Vietnam gelungen, hätte die amerikanische Vietnampolitik Hanoi nicht — zumindest temporär — an die Seite Pekings gedrängt und jede neutralistische Lösung unmöglich gemacht. Aber da die Ereignisse in Nordkorea beweisen, daß manche Voraussetzungen der amerikanischen Vietnampolitik falsch sind — wäre es da nicht an der Zeit, daraus die nötigen Lehren zu ziehen und sich noch einmal gründlich zu überlegen, ob ein neutralistisches Südostasien, dessen Unabhängigkeit Peking gegenüber Moskau und Washington gemeinsam garantieren könnten, nicht einer immer gefährlicher werdenden und immer grausamer ihre Opfer fordernden Eskalation des Vietnamkrieges vonzuaiehen wäre?.

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