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Die Wissenschaft vom Landbau

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Wer die Geschichte des Landbaues und der ihn bestimmenden Idein auf den Ursprung zütöckver-folgt, stößt auf den Beginn des Wirtschaftens. Ebenso ist. es mit den agrarliterarischen Zeugnissen, die da sind, seit menschliches Denken sich in schriftlichen Dokumenten niederzuschlagen vermochte.

Die vom Verfasser des vorliegenden Werkes vorgelegte Geschichte der jeweils für die Landwirtschaft bestimmt gewesenen Ideen ist nicht nur umfangreich und bezieht alles ein, was an einschlägigem repräsentativem Schrifttum im deutschen Sprachgebiet vorhanden ist, sondern bietet auch eine Systematisierung, die es erst möglich macht, den Zugang zum umfangreichen Stoffgebiet zu finden und es einigermaßen zu übersehen. Vor allem geht es Professor Frauendorfer um eine Wissenschaftsgeschichte, nicht etwa um die Darstellung eines Katalogs agrarpoli-tischer Maßnahmen.

Es ist dem Referenten nicht möglich, zu all dem, was der Verfasser auf 510 Seiten Text an literaturgeschichtlichen Hinweisen und Interpretationen bietet, Stellung zu nehmen. Was festgestellt werden kann, ist: Es ist kaum anzunehmen, daß der Verfasser noch einen Autor des Sachgebietes, der Wegweisendes zum Landbau oder zur Agrarpolitik zu sagen vermochte, übersehen hat.

Dabei setzt Professor Frauendorfer schon bei der vorgeschichtlichen Zeit an, die auch ihre Versor-gungs- und Erzeugungsprobleme hat, um sich dann der „Entstehung autonomen Agrardenkens“ zuzuwenden, das sich in Bauernunruhen ebenso andeutet wie in den neuen Agrarverfassungen, in der „Hausväterliteratur“ wie im agrarpolitisch relevanten Teil des Schrifttums der Kameralisten. In breiter Darstellung wird sodann der Anfang der wissenschaftlichen Agrarökonomik bloßgelegt, das Bemühen des Menschen, sich von der Natur in einem gewissen Umfang unabhängig zu machen durch Erforschung ihrer Gesetze. Im „Zeitalter Thaers und Thünens“ wird die Landwirtschaft zu einer angewandten Naturwissenschaft. Im Rahmen einer Darstellung der agrarpolitischen Ideenwelt von 1848 bis 1914 hat der Verfasser die Möglichkeit, sich sowohl mit der wiederaufkommenden und auch das Dorf als Erzeugungsterrain einbeziehenden Genossenschaftsbewegung zu befassen, wie mit den agrarsozialisti-schen Ideen, die noch alle Merkmale des Frühsozialismus an sich tragen.

Im Interesse einer Gesamtdarstellung bezieht der Verfasser auch die Grenzgebiete in seine Untersuchungen ein, die bäuerliche Volkskunde und die ländliche bzw. die landwirtschaftliche Wohlfahrtspflege.

Der historische Periodenverlauf wird unter Be-dachtnahme auf den Ablauf des geschichtlichen Geschehens .festgelegt.

In dankenswerter Weise befaßt sich der Verfasser auch mit der neueren Entwicklung der agrarpolitischen Ideen in Oesterreich und in der,Schweiz, da beide Länder für ihre Agrarproduktion ökonomische uttd völkische Bedingungen vorfinden, die sich erheblich von jenen etwa im alten Preußen unterscheiden.

Ein biographischer Anhang umfaßt nicht weniger als 30 Seiten. Ebensolchen Umfang hat das Schrifttumsverzeichnis.

Als eine Folge von Umfang und systematischer Gliederung wie wegen der Dichte der Stoffanordnung, hat das Werk den Charakter einer Bibliographie nicht minder wie einer Ideengeschichte, und ist so eine Materialsammlung, der sich alle bedienen können, die jemals mit agrarhistorischen und agrarpolitischen Themen beschäftigt sind.

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