Jesus im Tempel - © Evangelische Pauluskirche

Antijüdische Kirchenfenster in Wien-Landstraße verhüllt

19451960198020002020

2021 berichtete die FURCHE über antijüdische Glasfenster aus den 1960er Jahren in der evanglischen Pauluskirche in Wien-Landstraße. Nun wurden die anstößigen Darstellungen verhüllt.

19451960198020002020

2021 berichtete die FURCHE über antijüdische Glasfenster aus den 1960er Jahren in der evanglischen Pauluskirche in Wien-Landstraße. Nun wurden die anstößigen Darstellungen verhüllt.

Werbung
Werbung
Werbung

Vor zwei Jahren berichtete DIE FURCHE über antijüdisch konnotierte Glasfenster in der evangelischen Pauluskirche in Wien-Landstraße . Die Fenster waren erst in den 1960er Jahren – also 20 Jahre nach dem Ende der Schoa vom Künstler Rudolf Böttger gestaltet worden. Das Bildprogramm der Fenster schließt nahtlos an die judenverachtende NS-Ikonografie an: Der Christus des NSDAP-Mitglieds Rudolf Böttger weist die Merkmale eines jungen arischen Mannes auf, und wo Kinder zu sehen sind, glaubt man „deutsche Mädchen“ vor sich zu haben. Im Bild, auf dem Juden zu sehen sind – etwa die Szene, in der der 12-jährige Jesus mit den Schriftgelehrten im Tempel diskutiert –, werden diese mit Hakennase und „verschlagenem Blick“ dargestellt.

Elke Petri, Pfarrerin der Evangelischen Gemeinde Wien-Landstraße, berichtete 2021 im FURCHE-Interview von den Schwierigkeiten in der Gemeinde, über das weitere Vorgehen in Bezug auf diese Fenster Einvernehmen zu finden. Obwohl von der „Kriegsgeneration“ nur mehr wenige leben, war es bis zuletzt nicht möglich, ein Entfernen der Fenster zu erreichen. Das lag nach den Worten von Petri auch daran, dass die Fenster von einzelnen Familien gestiftet worden waren, weswegen es „emotionale Bindungen“ daran gab, die schwer zu überwinden waren.

Im April 2023 verfasste Petri einen „Werkstattbericht“, in dem die Geschichte der Fenster, aber auch die Auseinandersetzungen dazu ausführlich dokumentiert sind. Auch das Vorhaben, die antijüdischen Fenster zu entfernen, wird darin angesprochen. Schon dieser „Werkstattbericht“ zeigt, dass und wie „Erinnerungsarbeit“ heute geschehen kann, ohne die Problematiken eines solchen Prozesses auszusparen.

Mittlerweile ist diese Vorhaben weiter gediehen: Am 8. Oktober wurden in der Pauluskirche die Böttger-Fenster mit farbigen Stoffbahnen verhüllt. In Zusammenarbeit mit Jugendlichen aus der Gemeinde begleitete die Künstlerin Gabriele Petri die Gestaltung: „Verhüllung als Fokussierung ist ein Stilmittel in der religiösen Kunst“, so die Künstlerin: „Durch das Verhüllen soll nicht das Vergessen oder Verdrängen ermöglicht, sondern vielmehr eine Erinnerung wachgehalten werden.“

Das Verhüllen wird aber nicht der Endpunkt der Auseinandersetzung sein: Im Zuge einer thermischen Sanierung sollen die Fenster ausgetauscht und aus den Scherben eine Gedenkstelle errichtet werden. Thomas Hennefeld, reformierter Superintendent, meinte bei der Verhüllung, es sei „modellhaft“, wie sich die Gemeinde der Pauluskirche mit dieser Vergangenheit auseinandersetze.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung