Nach Haiders Triumph
Das Wahlvolk hat in drei Ländern die Karten der Politik neu verteilt. Die Demokratie ist verjüngt. Das Ritual setzt sich fort. Werden die Mitglieder der Landtage zum Frühling der Demokratie beitragen?
Das Wahlvolk hat in drei Ländern die Karten der Politik neu verteilt. Die Demokratie ist verjüngt. Das Ritual setzt sich fort. Werden die Mitglieder der Landtage zum Frühling der Demokratie beitragen?
Die Wahlen haben Konsequenzen, auch auf die Bundespolitik. Darüber hinaus wird der Übergang zur Direktwahl des Landeshauptmannes ebenso diskutiert werden wie der zur Mehrheitswahl. Gewählt aber wurden Landesparlamente. Das sollten auch die meist zentralistisch und gouvernmental eingestellten Medienvertreter nicht vergessen. Da über die Landesparlamente mehr als früher diskutiert wird, müssen aber auch sie selber mehr als bisher ihren Sinn reflektieren und sich durch Hingabe an ihre Aufgabe legitimieren. Sie sind Vertreter des Landesvolks. Die dezentralisierte Demokratie in Gestalt der Landesparlamente ist besser als jede direkte Demokratie, von der sie ohnehin nur ergänzt werden kann.
Die Volksvertreter des Landes sind die bürgernächsten Parlamentarier. Aber ihnen fehlt oft die frische Bürgerfreiheit, die man an der Basis erlebt. Zu sehr wird von den Parlamenten auf die Regierung und den Landeshauptmann gewartet, der oft schon jetzt so agiert, als wäre er plebiszitär legitimiert. Aber im Gegensatz zum Bundesparlament haben die Landesparlamente nicht nur Kontroll-, sondern auch Wahlfunktion. Sie sind das öffentliche Forum des Landes. Sie haben Artikulations- und Initiativfunktion; sie sollen die großen Fragen der Landespolitik diskutieren, sie haben die politische Öffentlichkeitsfunktion für die Landespolitik - und nicht die Pressekonferenzen der Parteiobmänner und der Regierungsmitglieder.
Sie haben Gesetzgebungsfunktion: Landesverfassung, Verwaltungsorganisation und Selbstverwaltung im Land, Gemeinderecht, Landesplanung, Raum- und Bauordnung, Grundverkehr, Angelegenheiten der Landwirtschaft wie Tierzucht, Tierhaltung, Anbauregelungen, Jagd und Fischerei, berufliche Vertretungen in der Land- und Forstwirtschaft, Fremdenverkehr und Kurorte, Sport und Camping, Heimat-, Musik- und Volkstumspflege, Ortsbild, Kino-, Theater-, Veranstaltungs-, Feuerwehr- und Rettungswesen, Kinder- und Jugendschutz, immer wichtiger werdende Teile des Umweltschutzes, insbesondere Natur- und Landschaftsschutz, Tierschutz. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dazu kommt die Ausführungsgesetzgebung in Angelegenheiten der Bevölkerungspolitik, der Bodenreform, des Pflanzenschutzes u. a. m.
Landtage können die Demokratiepolitik vorantreiben. Das gilt nicht nur für direktdemokratische Einrichtungen auf Gemeinde- und Landesebene, sondern noch mehr für den Ausbau der Kontroll- und Minderheitsrechte im Landtag. Hier haben Regierung und Mehrheit so viele Vorteile, daß man oppositionelle Minderheiten verstehen muß, welche vom Demütigungsritual der Mehrheit und von der Melancholie der Vergeblichkeit sprechen. Hier könnte man mehrheitsbestimmte Kontrollrechte zu Rechten der Minderheit machen und einige davon überhaupt den Gruppen vorbehalten, welche nicht an der Regierung beteiligt sind.
Da mehr und mehr der Abschied vom Proporz eingeläutet wird und damit auch stärkere Gruppen von der Regierungsbeteiligung ausgeschlossen werden, ist dieses Anliegen demokratiepolitisch aktueller denn je. Die Länder sollten im Ausbau der Kontroll- und Minderheitsrechte dem Bund mit besseren Beispielen vorangehen! Das gilt auch für den Ausbau der direktdemokratischen Einrichtungen wie Volksbegehren und Volksabstimmung. Es wäre ein Schaden für die Entwicklung unserer Demokratie, wenn die Landtage und ihre Fraktionen nur zu Legitimationsanhängseln ihrer Partei- und Regierungsspitzen würden.
Der Autor ist Professor für Rechtslehre an der Universität für Bodenkultur in Wien.