Joseph Kardinal Ratzinger ließ sich am 27. Oktober dieses Jahres dazu bewegen, von der Generallinie, Vortragsveranstaltungen nicht mehr anzunehmen, die nicht direkt seinen Amtspflichten zugehören, abzuweichen und kam noch einmal in den Raum Münster, um an einer qualifizierten wissenschaftlichen Disputation zu Ehren des 70jährigen Theologen Johann Baptist Metz teilzunehmen und so noch einmal den Dialog mit seinem ehemaligen Kollegen aufzunehmen.
Die Idee zu dieser - wie die Veranstalter hofften - konfliktträchtigen Tagung stammte vom Freundes- und Schülerkreis J. B. Metzs. Der würdige Ort derBegegnung: der Fürstensaal des ehemals Fürstbischöflichen Schlosses Ahaus bei Münster.
Wenn J. B. Metz durch irgend etwas auffällig und für seine Schüler maßgeblich geworden ist, dann dadurch, daß ihm die unvertrauten Konstellationen stets lieber waren als die Gleichklänge und eingeübten Verkehrsformen. Er hat ihnen den Reiz des Fremden, Verqueren, Unorthodoxen beigebracht. Die Theologie soll sich einmischen, dort wo ihre Sache - der Mensch, Gott - wirklich bedroht ist.
Als Anpassung an das, was gerade modisch ist, hat er Theologie nie betrieben und nie geschätzt. In diesem Sinne hat er seine Studenten gelehrt, unbequem zu sein. Deshalb das Symposion zu seinen Ehren und deshalb das Thema: "Ende der Zeit? Die Provokation der Rede von Gott". Die Tagung sollte sich den Regeln einer bestimmten theologischen und kirchenpolitischen correctness widersetzen: Es ist befremdlich, wenn sich der Protagonist einer neuen politischen Theologie mit dem einflußreichsten Kritiker seiner Theologie, Kardinal Ratzinger, zusammensetzt; Kritiker ist vielleicht noch ein zu schwaches Wort, denkt man an Ratzingers Verhinderung von Metz auf den Fundamentaltheologischen Lehrstuhl in München 1979.
Kritische Stimmen waren vor und nach dem Rendezvous Ratzinger - Metz zu vernehmen. Der frühere katholische Reformtheologe Metz distanziere sich mit zunehmendem Alter opportunistisch immer deutlicher von der katholischen Reformbewegung und biete nun als "Gipfel" seiner theologischen Laufbahn dem römischen Großinquisitor in Deutschland ein öffentliches Forum, kritisierte etwa Hans Küng.
Im Rahmen dieses Forums, des strikt wissenschaftlichen Dialogs zwischen Ratzinger und Metz, war für kircheninterne Streitfragen kein Raum: Der Kardinal hatte mit den Veranstaltern einen streng einzuhaltenden Fragenkanon vereinbart. So kam es zu keinem offenen Schlagabtausch, so sehr ihn Zuhörer auch erwartet haben. - Exakt vor 30 Jahren haben übrigens Yves Congar, Karl Rahner, Edward Schillebeeckx und Hans Küng eine Erklärung "Für die Freiheit der Theologie" unterzeichnet, darunter auch Joseph Ratzinger ... 1.360 katholische Theologinnen und Theologen haben unterschrieben.