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Wieder Kontroverse Ratzinger - Küng

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Vertritt der Tübinger Theologe Prof. Hans Küng noch den Glauben der katholischen Kirche? Münchens Erzbischof Kardinal Josef Ratzinger, einst Küngs Fakultätskollege an der Universität Tübingen, bezweifelte dies in einer Jugenddiskussion in Freising. Die Wirklichkeit sei, meinte der Kardinal, daß Küng, mit dem er sich persönlich immer sehr gut verstanden habe, „ganz einfach nicht mehr den Glauben der katholischen Kirche vertritt“. Es sei „eine Frage der Redlichkeit und der Ehrlichkeit zu sagen, daß er nicht den Glauben der katholischen Kirche darbietet, also auch nicht in deren Namen sprechen kann“.

Küng habe bestritten, stellte Ratzinger fest, daß die Kirche einem Theologieprofessor überhaupt einen kirchlichen Lehrauftrag erteilen könne, weil der Professor „aus sich selbst“ spreche. Gleichzeitig habe Küng jedoch großen Wert darauf gelegt, daß ihm die „Missio“ nicht entzogen werde. Darin sehe er, meinte der Kardinal, einen Widerspruch. Es sei jedes Menschen Freiheit zu denken, was er wolle. Aber es könnte auch nicht ein engagierter

CSU- Mann als SPD-Generalsekretär auftreten.

Um „Martyriumsbefürchtungen“, die um Küng entstehen könnten, „ein Wenig einzuschränken“, wies Ratzinger darauf hin, daß es Küng an Möglichkeiten des Redens nicht fehle. Es gebe abgesehen vom Papst keinen

Bischof in der Welt, der so viele Möglichkeiten habe, sich der Menschheit kundzutun wie Küng. So sei der Artikel, den Küng zum ersten Jahrestag der Papstwahl Johannes Pauls II. geschrieben habe, in vielen großen Zeitungen erschienen.

In Erwiderung auf Ratzingers Feststellungen betonte Küng, es sei zu hoffen, daß „hohe kirchliche Würdenträger unter dem gegenwärtigen Pontifikat nicht wieder in vorkonziliare Gewohnheiten der Ketzerriecherei, der

Unterstellung und Diffamierung zurückfielen“. Seiner Meinung nach sollte man über die zur Rede stehenden Probleme „im Geist alter Kollegialität freundschaftlich reden können“.

Der Kardinal habe sich auch früher nicht als ein korrekter Interpret seiner Schriften erwiesen, fuhr Küng fort Er habe nie behauptet, die Kirche könne einem Theologen keine kirchliche Lehrbefugnis erteilen, weil dieser

„aus sich selbst“ spreche. Vielmehr sei ihm stets an der kirchlichen Lehrbefugnis gelegen gewesen,

und er habe „diese gegen amtskirchliche Willkür in vielen Fällen verteidigt“.

Er habe auch nie den Anspruch erhoben, betonte Küng, für die katholische Amtskirche zu sprechen. Dies sei nicht seine Aufgabe. Wohl aber erhebe er den Anspruch, „als katholischer Theologe innerhalb der katholischen

Kirche für die berechtigten Anliegen ungezählter Katholiken zu sprechen“. Nach Ansicht Küngs sollten die Vertreter des „perfekt verwalteten kirchlichen Apparates“ endlich „den lautlosen Auszug Hunderttausender von

Katholiken als Alarmzeichen zur kritischen Selbstbesinnung“ verstehen.

Auch Karl Rahner ist mit Kardinal Ratzinger unzufrieden: In der „Süddeutschen Zeitung“ warf der Theologe dem Münchner Erzbischof vor, die Berufung des in Münster lehrenden Prof. Johann Baptist Metz auf den

Lehrstuhl für Fundamentaltheologie an der Universität München verhindert zu haben, weil ihm die Theologie von Metz „nicht sonderlich sympathisch“ sei.

Metz war von der Theologischen Fakultät an die erste Stelle des Dreiervorschlags gesetzt worden. Rahner wirft nun dem bayrischen Kultusminister Hans Maier - der auch Präsident des Zentralkomitees der deutschen

Katholiken ist - vor, dem Wunsch des Kardinals so schnell nachgegeben und den an zweiter Stelle gereihten Prof. Heinrich Döring ernannt zu haben. Maier möge „für dieses Vorgehen eine formale Berechtigung haben. Aber auch für die Ausübung eines solchen Rechtes muß man vernünftige sachliche Gründe angeben können“, kritisiert Rahner.

„Nach geltendem Recht hat die Kirche bei solchen Berufungen kein Wunsch- oder Gestaltungsrecht, sondern nur ein Verhinderungsrecht“, führt Rahner aus. Ratzinger habe Metz zwar nicht formell abgelehnt, aber

„eindeutig dafür gesorgt“, daß er „ihn gar nicht formell ablehnen mußte“. „Ist Metz nicht orthodox?“ fragt Rahner. „Nach allen Regeln der Moral und auch nach den jüngsten Normen der deutschen Bischofskonferenz müßte so etwas bewiesen und nicht in Vermutung stillschweigend vorausgesetzt werden!“

Metz doziere seit vielen Jahren in Münster, ohne daß seine Orthodoxie vom dortigen Bischof beanstandet worden sei. Metz sei sögar der Verfasser des Glaubensbekenntnisses der deutschen Synode, „das doch auch mit allen Stimmen der deutschen Bischöfe angenommen worden ist“.

Er könne verstehen, schreibt Rahner abschließend, daß die Theologie von Metz, die großen Einfluß auf die lateinamerikanische Theologie der Befreiung ausgeübt habe, dem Theologen Ratzinger unsympathisch ist und daß er durchaus sachliche Gründe gegen die Theologie von Metz haben könne. Diese Gründe dürften aber nach Rahners Meinung für den Bischof nicht ausreichen, um die Berufung faktisch abzulehnen.

Die Glaubenskongregation in Rom hat den niederländischen Theologieprofessor Edward Schillebeeckx OP zu einem „Kolloquium“ mit drei namentlich nicht bekannten Theologen nach Rom vorgeladen, bei dem sich

Schillebeeckx einem Lehrprüfungsverfahren unterziehen muß. Das Gespräch soll Mitte Dezember stattfinden.

Die Untersuchung der Glaubens- kongregatiori richtet sich gegen das erste Jesus-Buch von Schillebeeckx, das 1974 unter dem Titel „Jesus - die Geschichte eines Lebenden“ er- schien.DieKongregation beanstandet neun

Punkte, die nach ihrer Meinung nicht mit der offiziellen Lehre Übereinstimmen. Es geht dabei insbesondere um die Gottheit Jesu, um das Bewußtsein Jesu von seiner göttlichen Natur und seiner Gottessohnschaft, um die

Einsetzung der Eucharistie und die Gründung der Kirche, um die Objektivität der Auferstehung, die Tragweite des kirchlichen Lehrauftrages und die Jungfrauengeburt.

Das Kolloquium ist der Beginn der letzten Etappe eines längeren Verfahrens, an dessen Ende die Glaubenskongregation ihr Urteil fällt, das dann vom Papst bestätigt werden muß.

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