Kein Sonnenstrahl entzündet sprühendes Licht auf den Ästen der Fichten, die sich gramvoll neigen unter dem unbarmherzigen Schnee, der sich schwer und aschfarben auf den Zweigen angesiedelt hat. Der Bach raunt nur ganz zag unter der schillernden Eisdecke. Die Hasen- und Fuchsfährten sind verweht. Mit abweisendem Hochmut sitzt ein Habicht auf einem Zaun, mit unnachahmlicher Grandezza dreht er den Kopf nach links und nach rechts. Königlich scheint er über die Winterwildnis zu herrschen. Zwei Meisen kauern im Gezweig einer Tanne., ihre ängstlichen Blicke sind der schrecklichen Situation, in
In fiebriger Glut breitet sich die lehmfarbene spanische Wüste vor uns aus. Uber die Pyrenäen, Biarritz, San Sebastian, rechts das Kantabrische, links das Kastilische Gebirge, durch Altkastilien führte die Straße. In diesem Jahr ist Ostern so früh, daß die Wiesen nur selten mit jungem krausem Gras bedeckt sind. Durch kleine Dörfer fährt man; winzige Schießscharten die Fenster, die Fassaden der Häuser sind abgebröckelt. Nirgends gibt es Blumen. Wo sind die schönen spanischen Mädchen? Die Straße windet sich dunkel zwischen den verfallenen Häusern hindurch, erdfarbene Gesichter
„Und jetzt muß ich gehen, wenn ich noch heimkommen will“, sagt Marie. Ihre Wangen glühen, denn sie ist lang beim Herd gesessen. Die Großmutter war gestorben, sie hatte ihr einige Gewänder und sechs Hinterglasbilder vererbt. Die Kleider freuen sie wohl, aber den Bildern schenkt sie keine Beachtung. Sie verabschiedet sich von ihren Verwandten, es ist Zeit, über das Joch zu wandern. In den Bergen liegt nicht viel Schnee, und wie gut kennt Marie den Weg über das Gebirge!Sie tritt hinaus in den schillernden Tag. Das graue Licht lockt keinen Glanz aus ihrem korngelben Haar. Der Himmel
Wenn man im Herbst nach Oberstdorf kommt, scheint es, als ob die Gebirge keinen Schnee trügen, sondern Blütenkränze. Die Wiesen sind noch frischgrün. Vielleicht besitzt der Ort wenig Charakter, wenig Atmosphäre. Aber die Berge drängen heran, sie neigen sich herab, sie besitzen leidenschaftliche Bewegtheit. Und diese Bewegtheit prasselt gleichsam auf die Dächer nieder, trommelt gegen die Fenster, und der Atem der Höhen strömt frisch durch die Gassen.Das Haus, in dem die Dichterin wohnt, liegt an der Peripherie des Ortes; bis man es findet, vergeht Zeit, und das ist gut, denn es bedarf
Oft fühle ich, wie das war, als ich mit Vater ging. Früher Morgen; die Luft ist eiskühl; wir gehen einen Bach entlang in ein Tal und sprechen kein Wort. Es hat so wohlgetan, dieses Schweigen, dieses Rauschen des Gebirgsbaches. Ich ging barfuß, hatte graue Wollstutzen an, die Knöchel, Fuß und Knie freiließen, und kurze Hosen; ich trug einen spitzen Hut mit einer Feder. Vater hatte Geld in der Tasche und einen vollen Rucksack. Zuweilen fragte er mich, ob ich Hunger habe. Wir rasteten hoch oben, wo man die Gletscher sah, und er packte seinen Wunderrucksack aus. Immer sehe ich noch die Dose
Seit Jahren kam der alte Sepp nicht weiter als bis zu den nächsten Höfen, die mageren Beine biegen sich schon ein wenig, und er sieht auch nicht mehr genug. Jetzt aber nimmt er sich vor, die 80jährige Martha zu besuchen. Sie ist fünf Jahre jünger als er. Unterwegs rastet er auf der Bank vor einem Bauernhof, behaglich auf seinen langen Stock gestützt, lauscht er dem lieblich-verwegenen Klang des Wassers, das aus dem Brunnenrohr schießt. Hauchdünn liegt der Schnee hier auf der Höhe. Scharfblau sind die Schatten, und die Gebirge verwehende, rosenfarbene Flämmchen. Der Alte schnuppert in
Wenn Weihnachten da ist, dann werden Millionen Wanderer von Heimweh ergriffen. Sie, die vielleicht stumpf geworden und hart, sie alle möchten an diesem Tag Unterschlupf finden, Licht und Menscherinähe. Die Welt wird zu groß für sie, die Landstraßen sind schwermütige Nebelstreifen ins Nichts, und verrufen ist die Stummheit der rauchgrauen Wälder. Die Ebene ist tönender Schmerz; die Bäume starren böse in den Himmel, der die Ränder der Weite wegschmilzt.Auch die Gebirge haben strenge Formen, aufgereckt in unschaubare Tiefen, das Eis auf ihren Flanken schimmert gefährlich, die Hütten,
In einem Hochtal ,in Tirol steht eine blatternarbige Kapelle, abgeschunden und grau. Unkraut und Hungerblümchen wachsen dort; das protzige Gelb des Hahnenfußes täuscht Reichtum vor. Im ganzen Dorf wohnt kein Mensch. Die Häuser sind verfallen, manche liegen müde zusammegebrochen am Wegrand. Einmal, es ist schon lange her, gab es eine Lawinenkatastrophe. Die Ueberlebenden zogen fort.Etwas tiefer wohnt in seiner verlotterten Hütte ein alter Mann, Simon heißt er. Zuweilen, so erzählt er mir, steigt er hinauf ins Dorf und stellt auf den leeren Altar der Kapelle Blumen hin. Einstens stand
Wenn du auch alt bist, Welt, heute ist der dämmrige Himmel aufgerissen und dahinter gleißt der Tag, der ewig junge. Auf schwarzpoliertem Grund glimmen die Sterne, bleichgolden und bewegt. Es saust dort unten in den Wäldern, die, von Schluchten durchrissen, die Berge verhüllen. Licht liegt auf den Graten, auf den schaumgrauen Wipfeln. Siegessicher und voll Freude erbebt das Firmament, denn heute, ja, heute . ..Es hat aufgehört zu schneien, nur noch zart sinkt der Schnee nieder, und im dunklen Wasser des Brunnentrogs glitzert es, als hätte eine Hand Smaragde und Rosenquarz hineingeworfen.
Bleiben sie nicht hängen an den Bäumen, die müden, unmutigen Gedanken, die matten, klebrigen Wünsche? Die Kränkungen, die man erduldet, da schaukeln sie trübselig, an den Aesten, die Erbitterungen spannen sich von Abgrund zu Abgrund, und der Zorn leuchtet rot aus der Meerbläue der Schatten. Der Wald hat hier ein Ende und da sind Zäune, lustig durcheinandergeworfen, unbekümmert, wirr. Es riecht nach Wasser, nach Honig, nach Erzen, und plötzlich ist man auf den freien Wiesen. Noch stehen vereinzelt Bäume, die Arme ausgebreitet, beschwörend gegen den Sturm gestellt, verrenkte
Bereits am Vorabend näherten sich Züge von Menschen auf allen Straßen Fatima. Viele berührten den Weiler Aljustrel gar nicht. Verdeckte Karren mit Kranken, Barfüßige, Väter mit Kindern auf den Schultern, Frauen wiegten sich dahin. Dunkel schien die Riesenschlange, die sich auf Pfaden und sandigen Wegen näherte, und nur das aufglühende Rot der Kittel der Kinder, das in der Sonne brennende Gelb von Mädchenblusen, die Schaumtupfer der Kopftücher verwandelten das trockenbraunc Land in einen wie vom Winde bewegten Blumengarten. In aschenbleiche Staubwolken schoben sich geduldig einige
Geheimnisse können zur wirklichsten Wirklichkeit werden. Dort, in Fatima und Aljustrel, scheinen sie aus dem Boden zu strömen, sie brennen im dunkelblauen Himmel, sie brausen vom Meer her, und sie duften süß, würzig und kostbar.In der Cova da Iria, in dieser riesigen hellglänzenden Mulde erschien im Jahre 1917, über einer Steineiche schwebend, die heilige Jungfrau Maria drei Hirtenkindern; die Cova da Iria breitet sich wahrhaft schimmernd aus, begrenzt von smaragdleuchtenden Bergen. Wenn nicht gerade der dreizehnte eines Monats ist — das ist der Erscheinungstag —, dann gibt es nur
Grausam war dieser Winter: aschgrau, streng und gefährlich. Man konnte selten ruhig schlafen mit diesem Gedröhn der Lawinen im Ohr. Das altersbraune Holzhaus, in dem ich wohne, liegt eintausendzweihundert Meter hoch auf einem Steilhang. Zuweilen versank man bis über die Hüften in dem lockeren Neuschnee, und der Weg ins Dorf ist weit. Eisige Stürme fauchten ums Haus, und ich wartete sehnsüchtig darauf, zu Gertrud von Le Fort zu fahren — sie hatte mich schon vor längerer Zeit eingeladen. Endlich war's dann soweit. Es kamen sonnige Tage und der Zug brachte mich über die Grenze.Grüne
„Und jetzt muß ich halt gehn“, sagte Marie Ihre Wangen glühten, denn sie war lang beim Herd gesessen. Sie wollte nun wieder heimwandern übers Joch. Die Großmutter war gestorben — zwei Gewänder, zwei Schürzen und sechs alte Hinterglasbilder hatte Marie geerbt. Alles wurde in den großen Rucksack verstaut. Die Gewänder freuten sie, den Bildern schenkte sie wenig Beachtung. Marie verabschiedete sich; das matte Winterlicht lockte keineGlanzlichter aus ihrem blaßgelben Haar. Sie trat in den grauschimmernden Dezembertag; es war nicht kalt, der Himmel hing rauchfarben nieder, die Bäume