Zu jener Gruppierung von Menschen um Hofmannsthal, die er „als durchaus vom Leben, von den Instinkten der Freundschaft geformt" empfand, gehörte auch Josef Redlich, der während eines schicksalhaften Jahrzehnts am politischen Spiel in und um Oesterreich maßgeblich beteiligt war. Mit unzähligen Menschen, darunter bedeutendsten Zeitgenossen, mit der Welt der Wirtschaft und der hohen Politik durch ein dichtes Netz von Beziehungsfäden verbunden, war Josef Redlich eigentlich ein Einzelgänger. Was auf einem Spaziergang in Salzburg Doktor Julius Sylvester von der Deutschen Volkspartei zu
„Es scheint kaum der Mühe wert, sich so vielen Schwierigkeiten zu unterziehen, eine fremde Sprache genau zu erlernen, um Kenntnisse zu erlangen, die nie mehr als oberflächlich sein können. Ich denke, das ist Zeitverlust. Die einzige Ausnahme würde ich bei der französischen Sprache machen. Französisch ist die gemeinsame Sprache aller wohlerzogenen Leute, und es ist sicher angenehm, diese Sprache soweit zu beherrschen, um sich an jedem aufkommenden Gesprächsthema beteiligen zu können. Die französische Sprache hat eine große Literatur. Andere Völker haben eher große Dichter als eine
Wieder steht das Konzerthaus im freundlichen Schmuck der Fahnen von zehn verschiedenen Nationen, die am II. Internationalen Musikfest teilnehmen. In zwanzig Orchester-, Chor- und Kammerkonzerten werden im Verlauf zweier kurzer Wochen die Werke von etwa vierzig zeitgenössischen Komponisten aufgeführt, von denen genau die Hälfte Österreicher sind. Dies ist’ der hervorstechendste und erfreulichste Unterschied zum vorjährigen Musikfest. Während es damals vor allem darauf ankam, nach fast zehnjähriger Pause die Stimmen der Welt wieder bei uns erklingen zu lassen, werden heuer neben
Wenige Monate nach Beendigung des Krieges erschien in einer Wiener Tageszeitung ein Bericht von Frank Thieß über die „innere Emigration”; er verteidigte das Verhalten jener Dichter, die zwar den Nationalsozialismus entschieden ablehnten, sich aber nicht entschließen konnten, ihr Vaterland zu verlassen. Thieß zitierte auch eine Antwort Erich Ebermayers an Thomas Mann: als deutscher Dichter bedürfe er des deutschen Raumes, der Heimaterde und des Widerhalls deutscher Menschen —, Mächte, die letztlich kein Terror angreifen könne, auch wenn sie als wirkende Kräfte mehr und mehr zu
Nicht nur in der Gegenwart, sondern im Laufe der gesamten Musikgeschichte hat sich gezeigt, daß äußere Ereignisse — selbst solche von welthistorischer Bedeutung — auf die Musik kaum einen nennenswerten Einfluß ausüben. Kriege und Revolutionen, Aufstieg und Zusammenbruch der Weltreiche werden von den Komponisten anscheinend kaum zur Kenntnis genommen. Man wird als Gegenbeispiele nicht jene wenigen Programmwerke oder Dedikationen anführen, die einen deutlichen Zeitbezug widerspiegeln. Denn nicht die Absicht und der Titel einer Komposition sind maßgebend, sondern ihr inneres Wesen, der
Die Musikkritik steht zwischen dem Kunstwerk, dem Geschaffenen, und dem Publikum, den Aufnehmenden. Diese Bezeichnung ihres Standortes möge nicht dahin mißverstanden werden, als schöbe sich der Kritiker zwischen das Kunstwerk und den einzelnen, auf den ein Musikstück ja unmittelbar wirken will und kann. „Zwischen“ — das bedeutet: die Kritik wendet sich an Künstler und Publikum zugleich, ohne freilich deren „Interessen“ zu vertreten. Denn sie vertritt das Interesse der Kunst, der sie dient — auch wenn sie negativ, ablehnend ist. Musikkritik ist also nicht Selbstzweck, sondern
„Der afrikanische Komponist hatte keine alte nationale Musiküberlieferung, an die er sich hätte halten können; aber er besaß eine Überfülle an Stoffen in den weiten Räumen Amerikas“, o kennzeichnet ein zeitgenössischer amerikanischer Komponist die Situation der amerikanischen Musik im 18. und 19. Jahrhundert. Dieser „Musikstoff“ ist die einheimische, viel-tarbige Folklore, welche in Amerika übrigens ebenso spät entdeckt wurde wie in Europa. Der Kenner der amerikanischen Musik läßt als die einzige wirkliche echte Volksmusik nur die der eingeborenen Indianer gelten. Sie
Ein von der Stadt Wien veranstaltetes Konzert „Junge Wiener Komponisten“ machte mit einer ganzen Reihe junger Künstler bekannt, die — wie der Leiter des Musikreferats der Stadt und Theorielehrer an der Staatsakademie, Professor Friedrich Wildgans, bezeugte — sich das handwerkliche Können in bemerkenswertem Ausmaß angeeignet haben und in ehrlichem Streben um ihren Eigenstil ringen. Es handelte sich bei den aufgeführten Komponisten, um Studierende der Kompositionsklassen an der Staatsakademie, welche — mit einer Ausnahme — im dritten Lebensjahrzehnt stehen (Kurt Schmidek:
„Eindrücke, starke, ijinerlich tiefeingreifende Eindrücke zu wecken„ das aber ist die Aufgabe und gleichzeitig der Lohn des reproduzierenden Künstlers, der in seiner höchsten Vollendung dann dem Sinn des Wortes gemäß den Beinamen Virtuose erhalten darf.“ Virtuosus, der Tugendreiche: in'der Tat eine ehrenvolle und verpflichtende Bezeichnung! Worin diese Verpflichtung des Virtuosen, des ausübenden Künstlers im allgemeinen, besteht, ist in dem zitierten Wort Hans v. Bülows mit aller Deutlichkeit ausgesprochen: er soll mit Hilfe seiner Technik die Erlebniswerte des Kunstwerkes zur
Von jener inneren und äußerenrLandschaft ist die Rede, welche, im Gegensatz zur Musik als tönend bewegter Form, so vielen älteren und neueren Werken das Gepräge gibt. Ihr Einfluß reicht von der deutlichen und greifbares Einwirkung der Folklore bis zu jener zarten Färbung und Durchdringung gewisser Musikstücke, die man vielleicht schon als eine Seelenstimrmmg, als Landschaft der Seele bezeichnen muß. Um am Gegensatz zu erläutern, was gemeint ist: bei Bach, Beethoven, Braihms und Hindemith ist, von einzelnen Werken abgesehen, von dieser äußeren und inneren musikalischen Landschaft
Während der vergangenen Wochen und Monate wurden an dieser Stelle zahlreiche Werke der neuen und neuesten Musik besprochen, und neben den Kompositionen der einheimis.chen Tondichter nahmen die der ausländischen einen' breiten Raum ein. Ausländische , Dirigenten, Solisten und Ensembles vermittelten uns das Schaffen ihrer Landsleute in authentischen Aufführungen, und es war für uns notwendig — und häufig auch erfreulich —.alles jene Neue kennenzulernen, das während der letzten Jahre außerhalb unserer Grenzen entstanden war und das man uns bisher vorenthalten hatte.Immer aber war
Innerhalb der Werkreihe eines Künstlers erscheinen uns jene Schöpfungen als die vollendetsten und gültigsten, in denen sich der Eigenstil des Meisters am deutlichsten ausprägt und deren Stoff seiner besonderen Begabung am meisten entspricht.. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, rangieren die • drei ersten Neuinszenierungen unserer Staatsoper in der umgekehrten Reihenfolge ihrer Aufführung: Don Giovanni, Rosen-' kavalier und Tannhäuser.Der Schritt — der Fortschritt auf dem Wege zum Musikdrama — von „Rienzi“ zn „Tannhäuser“ ist sicher bedeutend. Aber weit größer ist der
Das 1. Philharmonische Konzert dirigierte Paul Paray, der Leiter des Pariser Colonne-Orchesters, dessen besonderer Begabung und künstlerischer Persönlichkeit das Programm weitgehend angepaßt war. Beethovens dramatische m Coriolan-Ouvertüre. Schumanns poetische d-moll-Symphonie, die ursprünglich den Titel „Symphonische Phantasie“ trug, und vier Tonbilder von Ravel, Debussy und Rimsky-Korsakow boten dem Dirigenten und dem Orchester Gelegenheit, ihre technischen und nachschöpferischen Fähigkeiten glanzvoll zu entfalten. Entgegen der Gepflogenheit mancher französischer Dirigenten, die
Sorgenvoll lauscht die Welt, voll Sehnsucht nach einem echten Frieden, den heftigen Debatten im historischen Schlosse Luxembourg, in dem seit einigen Wochen die einundzwanzig Sieger mit fünf Besiegten und etlichen anderen beteiligten Staaten verhandeln. Wird diese streitbare Friedenskonferenz ihr den dauernden und ungeteilten Frieden zu geben vermögen? Oder werden die manchmal im Hintergrund spürbaren machtpolitischen Tendenzen über die Gebote der Moral und des Verstandes triumphieren?In diesem Augenblick möge die Stimme eines Philosophen gehört werden, der zum Frieden rief, als inmitten
Ein Wort Sören Kirkegaards, das als Motto übet dem Drama „Ein Idealist“ steht, könnte über Kaj Münks ganzes Leben und Werk gesetzt werden: „Die Reinheit des Herzens ist, eines zu wollen.“ Münks dringendes Bedürfnis war es, rücksichtslos in genauer Ubereinstimmung mit seiner Lebenslinie, mit seinem Lebensziel und seiner Lebensform zu handeln. In seinem Wesen selbst aber liegen große Gegensätze. Ein scharfer Intellekt bewacht ständig sein starkes, leidenschaftliches Gefühlsleben. Sein Individualismus enthält revolutionäre Elemente, die auch in seinen freien,
Paul Angerer ist 19 Jahre alt und hat soeben sein 32. Opus vollendet. Sämtliche Kompositionen sind während der letzten drei Jahre entstanden. Diese außergewöhnliche Produktivität und die Tatsache, daß die ganze stattliche Werkreihe im Alter von 17 bis 19 Jahren geschaffen wurde, könnte genügen, dem jungen Künstler einige Aufmerksamkeit zu schenken. Vor allem aber ist es die Qualität und die Eigenart seines Opus, die uns veranlassen, auf seinen Schöpfer hinzuweisen. Von dem Gesamtstil und der Persönlichkeit Angerers mögen die folgenden Werktitel eine Vorstellung geben: Fünf Fugen
Eine „russische Schule“ gibt es — wenn wir vom Altmeister der historischen Oper, Glinka, absehen ;— seit Tschaikcwki und Rubinstein. Beiden schwebte als Ideal eine Verschmelzung der Ausdruckswerte der. russischen Volksmusik mit der westeuropäischen Tonsprache vor. Sie waren auch die.ersten, die der russischen Musik Weltgeltung verschafft haben. Unter . ihren.. NadiJolgern zeigte sich aber bald ein. Gegensatz zwischen nationalen und internationalen Strömungen, der in den beiden sich in der Folgezeit bildenden Schulen, der Moskauer und der Leningrader, im Sinne, eines Obergewichts des