Österreich wird Bildungsperipherie

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Wir haben das Resignieren gelernt, und so können uns auch die regelmäßigen OECD-Mahnungen, denen zufolge es um die österreichische Schule im internationalen Vergleich gar nicht gut bestellt ist, nicht mehr erschüttern.

Erstens besteht ein Selektionsproblem. Die frühe "Kanalisierung“ in Schultypen erschwert die "reine“ Leistungsdifferenzierung. (Elternhausprobleme kommen dazu.) Als Lösung wird die Gesamtschule genannt, bei der Angst herrscht, dass sie eher bei der Leistungsentdifferenzierung endet statt beim Gegenteil. Zweitens gibt es ein Problem der Kindesvernachlässigung. Bei berufstätigen Eltern sind immer mehr Kinder sich selbst überlassen, werden nicht gefördert, geraten in Gefahr. Als Lösung wird die Ganztagsschule genannt. Drittens haben wir ein Qualifikationsproblem. Die Kinder können nicht lesen, schreiben und rechnen. Man wird nicht umhin können, eine schlechte pädagogische Ausbildung des Lehrpersonals zumindest für mitschuldig an diesem sich weiter verschlechternden Zustand zu halten. Als schnelle Lösung wird der Türschildtausch angeboten: "Hochschule“ oder "Universität“. Ein schlechter Witz: In Wahrheit muss unter einer beliebigen Bezeichnung erst wieder mühsam ein Lehrpersonal aufgebaut werden, das in der Lage wäre, den angehenden Lehrern beizubringen, wie diese den Kids die Grundqualifikationen beibringen.

Die Gesamtschule löst nicht das Aufbewahrungsproblem, die Ganztagsschule nicht das soziale Problem, der Etikettenschwindel nicht das Pädagogikproblem. Verdrängungsdiagnosen herrschen vor: Didaktik in Ordnung, Kinder zu dumm, zu viele Ausländer. Die an den beiden Großparteien gescheiterte Ministerin reduziert ihre finalen Bemühungen auf Parteipostenbesetzungen und verunmöglicht Schritte zur Verbesserung. Österreich wird Peripherie.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz

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