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Vor Tische las man's anders

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Laut Moskauer „Prawda“ hat Bulganin bei seiner Iridienpropagandareise in Bombay erklärt:

„Sie haben eine hervorragende Persönlichkeit gehabt, die viel für Ihr Land getan hat. Ich meine Mahatma Gandhi, der in Ihrem Lande als berühmter Patriot und Freund des Volkes hoch geachtet wird. In gebührender Weise respektieren wir sein Andenken. .. Wir, die Schüler Lenins, teilen nicht die philosophischen Ansichten Gandhis, halten ihn aber für eine hervorragende Persönlichkeit, die nicht wenig zur Entwicklung der friedfertigen Anschauungen Ihres Volkes und zu seinem Kampf um die Unabhängigkeit beigetragen hat...“ In der „Großen Sowjetenzyklopädie“, Moskau, Band 10, 1952, II. Auflage, liest man schwarz auf weiß, wie sein Andenken in der UdSSR „gebührend respektiert“ wird:

„Gandhi — indischer Politiker und Begründer einer reaktionären politischen Doktrin — entstammte der Handelswucher betreibenden Banjan-Kaste. Im Widerspruch zu seiner Verurteilung der Gewalt ergriff Gandhi (in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg) Partei für den britischen Imperialismus, als dieser den Raubkrieg gegen die Buren entfesselte. — Im Jahre 1906 lieh Gandhi den englischen Imperialisten erneut seine Hilfe; er organisierte und leitete die indische Sanitätsabteilung, der die Betreuung der englischen Truppen anvertraut war, die in das Land der Zulus eindringen und sie mit Feuer und Schwert befriedeten; für die dem englischen Imperialismus erwiesenen 'Dienst* wurde Gandhi von der englischen Regierung zweimal ausgezeichnet. — In den Jahren des ersten Weltkrieges unterstützte er wie zuvor den britischen Imperalismus: er half den Engländern indische Rekruten auszuheben und rief das Volk zu Geldspenden für die Bedürfnisse des imperialistischen Krieges auf. — Die Rolle Gandhis in der Entwicklung der nationalen Befreiungsbewegung spiegelte sich in der verräterischen Position der indischen Großbourgeoisie und der liberalen Gutsbesitzer: sie schlössen sich mit den Imperialisten zu einem Block gegen das Volk zusammen, betrachteten ihr eigenes Volk als Hauptgegner und legten es gleichzeitig darauf an, die nationale B-freiungsbewegung in ihren Dienst zu stellen, um von den Imperialisten Konzessionen einzuhandeln. — Als die Befreiungsbewegung in die Revolution hinüberzuwachsen begann, verriet Gandhi 6^s Volk und half den Imperialisten den Aufstand nielerzu-werfen. — Gandhi spielte meisterhaft mit den ieli-giösen Vorurteilen der Massen. — Die englischen Imperialisten benutzten Gandhi und seinen EinfluC unter den Volksmassen für ihre Zwecke. — J. W. Stalin stellte im Juni 1930 in seinen Ausführungen über das Anwachsen der revolutionären Bewegung in den Ländern des Ostens fest: Die Herren Bourgeois rechnen darauf, diese Länder mit Blut zu übergießen und sich auf Polizeibajonette zu stützen, nachdem sie Leute vom Schlage Gandhis zu Hilfe gerufen haben. — Während der im Zeichen eines neuen Aufschwungs des antiimperialistischen Kampfes stehenden Zeit nach dem zweiten Weltkrieg nutzte Gandhi seinen Einfluß zur Unterdrückung dieser Bewegung aus...“

Welch „gebührende Anerkennung“ einer „hervorragenden Persönlichkeit“ I

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