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Die gängige Form der Bezeichnung Gottes im Judentum ist das Tetragramm. Die Vorstellung von Gott als Vater, wie sie schon die Hebräische Bibel kennt, wurzelt in der vorexilischen, judäischen Königsideologie. Gott galt als Vater des davidischen Königs. In der Nathanweissagung, im Zweiten Samuelbuch, hat sich diese Vorstellung dann mit der Zusage der ewigen Treue Gottes zum davidischen Königshaus verbunden. Das definitive Ende der davidischen Herrschaft im Königreich Judäa durch das Babylonische Exil stellte diese Aussage grundlegend in Frage: Land und Thron waren verloren.

Die Theologen des Exils konnten die Verheißung aber in einer neuen Weise deuten und mit dem Vaterbild nach wie vor Gottes ewige Treue verkündigen. Sie übertrugen die Vorstellung von Gott, dem Vater, durch die Verbindung mit dem Bild von Israel als Gottessohn auf das gesamte Volk. So verschmolzen zwei ursprünglich unterschiedliche Traditionen und damit auch zwei verschiedene Bedeutungen.

Dem ganzen Volk galt nun einerseits die Zusage der ewigen Treue Gottes und seiner steten väterlichen Vergebungsbereitschaft. Andererseits blieb die Forderung erhalten, als "Gottes Sohn" Gott gehorsam zu sein (Hosea 11).

Die Vorstellung von Israel als Sohn Gottes war schon in der Tradition vom Auszug aus Ägypten verankert (Exodus 4). Aber nicht nur für Israel ist Gott der Vater.

Der Talmud fragt: "Weshalb ist bloß ein einziger Mensch zu Beginn erschaffen worden? Um dich zu lehren, dass jener, der einen einzigen Menschen vernichtet, gleichsam die ganze Menschheit vernichtet hat, und dass jener, der einen einzigen Menschen erhält, gleichsam die ganze Menschheit erhalten hat."

Der einzige Gott wird so zum Vater Adams und zum Begründer einer einzigen unteilbaren Menschheit.

Der Autor ist Rabbiner und Direktor der School of Jewish Theology an der Universität Potsdam

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