Kann uns Gott retten, und wenn ja, welcher?

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Der berühmteste Satz aus dem berühmten Spiegel-Interview mit Martin Heidegger gab der Eröffnungsdiskussion ("Impulsforum") des Philosphicums den Titel: "Nur noch ein Gott kann uns retten"(das Interview wurde bereits 1966 geführt, erschien aber auf Verlangen Heideggers erst nach dessen Tod, 1976). Was "retten" heißen könnte, illustrierte Danielle Spera, die Direktorin des Wiener Jüdischen Museums, mit einem jüdischen Witz: von einem Mann, der in seinem von Hochwasser bedrohten Haus diverse Rettungsmöglichkeiten nicht ergreift - immer mit dem Verweis auf Gott, der ihn retten werde - bis er schließlich ertrinkt. Im Jenseits stellt er Gott zur Rede, wieso dieser ihn fallen lassen habe - worauf Gott antwortet, er habe ihm doch die Feuerwehr, ein Rettungsboot etc. geschickt

Die Quintessenz von Spera: es liegt an uns; oder in der Sprache des Glaubens: Gott wirkt nur durch uns, Gottvertrauen bedeutet nicht, sich zurückzulehnen, sondern, im Gegenteil, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Zu Ende gedacht lässt sich demnach auch die Frage "Wo war Gott in Auschwitz?" nur mit einer Gegenfrage beantworten: "Wo war der Mensch in Auschwitz?"

Liegt die Betonung in dem Heidegger-Zitat gar auf "ein", nicht auf "Gott" ("Nur noch ein Gott kann uns retten")? Der evangelische Theologe Werner Tiki Küstenmacher paraphrasierte: "Nur ein menschgewordener Gott kann uns retten." Also einer, der sich auf uns einlässt und auf den wir uns einlassen. Wobei Küstenmacher das "menschgeworden" auch gegen statische Gottesbilder in Stellung bringt: Der christliche Gott ist kein geschichtsloser Gott, das Gottesbild entwickelt sich weiter.

"Kalte" und "heiße" Religionen

Ist aber "Gott" nicht vielfach eher Bedrohung als Rettung -dort, wo in seinem Namen Gewalt geschieht? Der Vorarlberger Bischof Benno Elbs warnte davor, heutige Konflikte vorschnell als Religionskonflikte zu qualifizieren. Gegen den auch von Elbs angeschlagenen Ton, wonach alle Religionen "ja nur den Frieden" wollen, wandte sich die als Islamkritikerin bekanntgewordene Sozialwissenschaftlerin und Publizistin Necla Kelek. Sie trat vehement dafür ein, Muslime stärker in die Pflicht dafür zu nehmen, was im Namen des Islams geschehe.

Keleks Statements brachten den zunächst so besonnen wirkenden FAZ-Feuilletonisten Patrick Bahners einigermaßen in Wallung. Er sprach von einem "antireligiösen Furor" und wies darauf hin, dass es Intoleranz auch bei Islamfeinden gebe. Hier wurde deutlich, was im Laufe der Tagung noch mehrfach thematisiert werden sollte: der Unterschied zwischen "kalten" und "heißen" Religionen. Letztere erhitzen auch die Gemüter, während etwa an den Ausführungen Elbs' niemand hätte Anstoß nehmen können.

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