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Bregenzer Festspiele: Kritik verboten?

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Im „Vorarlberger Volksblatt“ konnte man aus der Feder von JMK (Joseph Maria Krasser, einem nahen Verwandten des verstorbenen Wiener CV-AItherrenbundesvorstandes Hofrat Robert Krasser, zu dem er aber politisch stets in diametralem Gegensatz stand) lesen, daß die Kritik an den letztjährigen Bregenzer Festspielen, und zwar am „Spiel auf dem See“ von Robert Stolz („Hochzeit am Badensee“), hätte verboten werden müssen. Anlaß für diese Feststellung war eine neuerliche Pressediskussion in Bregenz von Anfang März 1970, worin in Wiederholung früherer Diskussionen über die Bregenzer Festspiele 1969 diskutiert wurde, wie man in Zukunft über die Bregenzer Festspiele als Kritiker schreiben dürfe.

Die Bregenzer Festspiele haben seit ihrem Beginn unmittelbar nach Kriegsende sehr viel Freude in breite Bevölkerungsschichten getragen und ausgezeichnete Aufführungen gebracht. Nie ist bezweifelt worden, daß die italienische Oper, daß die Orchesterkonzerte, die Kammerkonzerte Glänzendes boten. Bei den Burgtheateraufführungen ergaben sich allerdings Jahr für Jahr mehr Kritiken an den zum Teil blassen, zum Teil geradezu unmöglichen „Premieren“, die man in Wien nicht oder nur dreimal zu wiederholen wagte. Beim „Spiel auf dem See“, dem eigentlich kassenfüllenden und tragenden Mittelpunkt der Festspiele, wobei der See selbst die Hauptrolle spielt, gab es eigentlich kaum je einmal nachhaltige Kritik. Man kam, sah und freute sich. Nur 1969 war die Ablehnung einhellig, wurde der extreme Kitsch, der da geboten worden war, selbst vom geduldigsten Publikum abgelehnt, war demnach auch die Pressekritik einmütig ablehnend.

Und nun wird auf einmal gesagt, Kritik an den Bregenzer Festspielen ist, speziell wenn sie aus Nicht-Bregenzer Kreisen Vorarlbergs kommt, unzulässig, ist zu verbieten. Man dürfe den „Wienern“ nicht ein Bild Vorarlberger Uneinigkeit bieten.

Schadet man mit derartigen kleinkarierten Diktaturgelüsten nicht Vorarlberg und den Bregenzer Festspielen? Darf man wirklich keine Kritik üben, wenn es um die DM-und Frankeneinnahmen geht, die ein künstlerisch wenig ambitionier-tes Publikum aus Rorschach und Tettnang zu liefern bereit ist? Darf man nicht nach Qualität rufen?

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