6782483-1969_49_09.jpg
Digital In Arbeit

Gastarbeiter mit Konto

Werbung
Werbung
Werbung

Die Jugobanika (Abkürzung von Jugoslawische Außenhandelsbank) hat eben neue Abkommen mit einer schweizerischen und einer österreichischen Bank abgeschlossen, um die Transferierung der Spargelder jugoslawischer „Gastarbeiter“, die vorübergehend in westlichen Ländern beschäftigt sind, zu erleichtern. Das jugoslawisch-österreichische Abkommen trat am 1. November d. J. in Kraft. Die Wiener Genossenschaftliche Zentralbank — Belgrads österreichischer Partner — wird zweisprachige Sparbücher — in serbokroatischer und deutscher Sprache — herausgeben, deren Besitzer, nämlich die jugoslawischen „Gastarbeiter“, ihre Ersparnisse in Schilling ein- zahlen werden. Sie erhalten dafür vier Prozent Zinsen, um 0,5 Prozent mehr als üblich. Ein Netz von 117 Zweigstellen der österreichischen Bank und zehn von der Jugobanka sind zur Sammlung und Transferierung der Depositen ermächtigt und bilden ein großes Netz.

Wie in Belgrad zu erfahren ist, wurde ein ganz ähnliches Abkommen in Zürich mit der Schweizerischen Depositen- und Kreditbank kürzlich abgeschlossen. Genannte Bank wird sogar dreisprachige Sparbücher — ein Novum in dieser Hinsicht — .herausgeben, und zwar in serbokroatischer, deutscher und französischer Sprache. Die Zinsen für diese Spargelder betragen ebenfalls vier Prozent.

Erfahrungen in Deutschland

Die ersten positiven Erfahrungen wurden bereits mit diesem neuartigen System in der Bundesrepublik gemacht, wo die Jugobanka mit der Bank für Gemeinwirtschaft in Frankfurt am Main bereits im Januar des laufenden Jahres einen ähnlichen Kontrakt abgeschlossen hat. Vor allem ln Reihen der jugoslawischen Gastarbeiter wurde dieses Sparsystem sehr populär, haupt sächlich deshalb, weil die üblichen bürokratischen, erschwerenden Formalitäten damit wegfielen. Die Verzinsung ist günstig, und die Geheimhaltung wirkte als ein günstiger psychologischer Faktor.

Die Jugobanka war die erste jugoslawische Handelsbank, die unter den Gastarbeitern im Westen eine Sparaktion eingeleitet hatte. Es begann damit, daß die besagte Bank im Jahre 1967 Kontakte zu jugoslawischen Klubs und Organisationen in der Bundesrepublik aufnahm. Dann wurde eine Propagandaaktion gestartet, um bei den Landsleuten das Sparen beliebt zu machen.

Millionen gespart

Die Sparaktion brachte verblüffende Resultate. Schon bis Ende 1967 haben

15.0 jugoslawische Gastarbeiter

Einzahlungen von 17 Mül. DM (ungefähr 52,2 Mill. Dinar) geleistet. Bis Ende 1968 stieg die Zahl der Sparer auf 58.000 in der Bundesrepublik, deren Spargelder schon 77 MUL DM (240 Mill. Dinar) repräsentierten. Darauf haben auch andere jugoslawische Handelsbanken die Pionierleistung der Jugobanka kopiert. Verschiedene lockende Sparmöglichkeiten wurden den Gastarbeitern offeriert. Die Jugobanka war wieder einmal bahnbrechend: sie bot den Sparern obendrein eine Unfall-, Lebens- und Invalidenversicherung, damit das Sparsystem noch attraktiver gestaltet werden kann. Die Bank baute ein Appartementhaus mit 200 Wohneinheiten, worauf eine große Anzahl von jugoslawischen Arbeitern im Ausland sofort 20.000 und noch mehr Deutsche Mark einzahlten, um nach der Rückkehr in die Heimat eine moderne Wohnung — mit etwas Kredit — besitzen zu können.

Die Sparsamkeit der jugoslawischen Gastarbeiter im Westen ist erheblich. Ungefähr eine halbe Million jugoslawischer Gastarbeiter ist derzeit in Westeuropa beschäftigt. Die Bundesrepublik steht auf dem ersten Platz mit 225.000 Gastarbeitern. Laut jugoslawischer Statistik verdienen 62 Prozent dieser Arbeiter monatlich mehr als 800 DM (2500 Dinar). Sie sind in der Lage, mindestens 400 DM monatlich zu sparen. 60 Prozent der Gastarbeiter sparen derzeit und schicken etwa 120 Mill. Dollar jährlich an ihre Familien oder an eine heimatliche Bank. Außerdem verbrauchen sie ungefähr 80 Mill. Dollar für ihren Lebensunterhalt im Jahr. Belgrader Finanzexperten schätzen die Ersparnisse jugoslawischer- Gastarbeiter in westlichen Banken zur Zeit auf 250 Mill. Dollar! Selbstverständlich ist Belgrad weitgehend interessiert, daß diese Gelder der heimatlichen Wirtschaft zugute kommen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung