6791949-1970_43_06.jpg
Digital In Arbeit

Goldfaß ohne Boden?

19451960198020002020

Nixons kürzliche Visite in Jugoslawien war eine Prestigeinjektion. McNamaras Dollarspritze wird hingegen kräftigende Vitamine in den müden Finanzkreislauf Jugoslawiens pumpen. Der Direktor der International Bank of Reconstruction and Development (Weltbank), Robert McNamara, hat das letzte Kreditabkommen am 15. August 1968 in Washington mit Dr. Miro Bruner von der jugoslawischen Botschaft unterzeichnet.

19451960198020002020

Nixons kürzliche Visite in Jugoslawien war eine Prestigeinjektion. McNamaras Dollarspritze wird hingegen kräftigende Vitamine in den müden Finanzkreislauf Jugoslawiens pumpen. Der Direktor der International Bank of Reconstruction and Development (Weltbank), Robert McNamara, hat das letzte Kreditabkommen am 15. August 1968 in Washington mit Dr. Miro Bruner von der jugoslawischen Botschaft unterzeichnet.

Werbung
Werbung
Werbung

Es handelte sich um 16 Millionen Dollar und es ging um die Modernisierung und Rekonstruktion der jugoslawischen Staatsindustrie. Die Bedingungen der Weltbank waren günstig: Rückzahlung in 14 Jahren mit 8,5 Prozent Zinsen. Für das Geld wurden Industrieeinrichtungen importiert, die den Export zahlreicher jugoslawischer Produkte ermöglichten, indem deren Produktionskosten verbilligt wurden. Als Partner trat die Jugoslawische Investitionsbank auf, die den Kredit zwischen der Automobil-, Kupfer-, .elektronischen, Schiffsbau-, Textil- und Möbelindustrie aufgeteilt hat. Der Export dieser Industriezweige soll im Jahre 1972 31 Millionen Dollar repräsentieren. Auch im Jahr 1967 hat die Weltbank einen Kredit von 10,5 Millionen Dollar zwecks Modernisierung der Industrieproduktion gewährt.

Jugoslawien gehört zu den Gründungsmitgliedern der Weltbank und es erhielt den ersten Kredit im Jahre 1949 in der Höhe von 2,7 Millionen Dollar. Bisher hat Belgrad mehr als 363 Millionen Dollar allein von der Weltbank erhalten. Zwischen 1951 und 1953 dienten diese wichtigen Kredite, in der Höhe von 58 Millionen Dollar zur Weiterentwicklung der Stromerzeugung, der Bergwerke und der Landwirtschaft, sowie der Maschinenbau-, Holz- und Nichteisenmetall-Industrie. Von 1961 bis 1967 wurden nicht weniger als weitere sieben Kreditabkommen mit der Weltbank unterzeichnet, die insgesamt 175,5 Millionen Dollar nach Belgrad brachten.

Seitdem Belgrad 1965 die Wirtschaftsreform eingeführt hat, wuchs der Kredithunger noch mehr. Es ist keine Übertreibung, wenn man behauptet, daß die südslawische Volksdemokratie ein Geldfaß ohne Boden sei. Zugegeben: eine mehr liberale Außenhandelspolitik konfrontierte die Unternehmen mit dem Problem der Modernisierung der Produktionskapazität, um auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig werden zu können. Belgrad war gezwungen, Kredite sowohl vom Westen als auch vom Osten anzunehmen. Die westlichen Kredite erreichten eine Höhe von 619 Millionen Dollar: Export-Import Bank, Washington (1965) 63,6 MilMonen Dollar, Weltbank (1949 bis 1967) 347,7 Millionen Dollar, International Development Agency (1966) 117 Millionen Dollar, Lazar Brothers & Co., London (1965) 74,8 Millionen Dollar, Weltbank (1968) 16 Millionen Dollar. Sowjetunion (1965 bis 1966) 333 Millionen Dodlar, Tschechoslowakei (1965) 110 Millionen Dollar, Polen (1965) 32 Millionen Dollar.

Es kommt die ganz hübsche Summe von insgesamt 1,094 Millionen Dollar heraus! Dabei sind alle die Fonds, die in der jugoslawischen Industrie privat investiert worden sind, nicht inbegriffen. Während der vergangenen zwölf Jahre, besonders seit Beginn der Wirtschaf tsreform im Jahre 1965, haben Industrieunternehmen, regionale und }okale Banken, sowie verschiedene Geschäftsorganisationen westliche Kredite in der Höhe von 1,036 Millionen Dollar von westlichen Kreditgebern bekommen. Alles in allem weit mehr also als 2 Milliarden Dollar Auslandskredite wurden in die jugoslawische Wirtschaft hineingepumpt. Und diese enorme Summe enthält noch immer nicht die Stabilisierungs- und Währungskredite, die Auslandshilfen und Geschenke nach dem Krieg, sowie zahlreiche kurzfristige Handelskredite.

Obwohl gewöhnlich die Föderative Belgrader Regierung als autorisierter Verhandlungspartner gegenüber ausländischen Banken auftritt, erlaubt die momentan gültige Finanzpolitik, daß Teilrepublikregierungen und einzelne lokale Wirtschaftsorganisationen direkt über Auslandskre-dite verhandeln und solche auch erhalten. Das Gesetz über Auslands-Risikokapital-Investitionen datiert von Juli 1967. Seither wurden immer mehr moderne Kreditmethoden eingeführt, um die Kapitalsquellen zwecks Investitionen besser erschließen und erweitern zu können.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung