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Los vom Gold ?

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Anläßlich der Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds wurde im Herbst 1972 in Washington eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus Vertretern von 20 Ländern im Range von Finanzministern und Notenbankgouverneuren zusammensetzt, deren Aufgabe es ist, den Entwurf für die Reform des internationalen Währungssystems zu erstellen. Dieses Komitee, in dem auch Österreich durch den Finanzminister vertreten ist, tagte zuletzt Ende Juli. Ihm obliegt es, an Hand der von der sogenannten Gruppe der Stellvertreter — auch in dieser ist Österreich vertreten — ausgearbeiteten Unterlagen die Entscheidungen zu treffen, auf welchen Gebieten und in welcher Form das künftige Währungssystem Neuerungen aufweisen soll. Wie bei jeder Konferenz, gab es auch bei dieser Tagung unterschiedliche Auffassungen. Die Aufgabe ist keineswegs leicht, denn es gilt, die Grundlage für ein Währungssystem zu schaffen, das gleich dem im Jahre 1944 geschaffenen am besten mehrere Jahrzehnte lang funktionieren soll. In der Weltpresse reichte denn auch der Fächer der Kommentare von einer nicht unberechtigten Skepsis bis zu betontem Optimismus. Ungeduld in Währungsdingen ist aber ebenso schädlich wie Euphorie, schon deswegen, weil die Vertrauensbereitschaft der Öffentlichkeit größer ist als die Verständlichkeit der Ausdrucksweise der Währungsexperten oder jener, die sich als solche dünken.

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Anläßlich der Jahresversammlung des Internationalen Währungsfonds wurde im Herbst 1972 in Washington eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus Vertretern von 20 Ländern im Range von Finanzministern und Notenbankgouverneuren zusammensetzt, deren Aufgabe es ist, den Entwurf für die Reform des internationalen Währungssystems zu erstellen. Dieses Komitee, in dem auch Österreich durch den Finanzminister vertreten ist, tagte zuletzt Ende Juli. Ihm obliegt es, an Hand der von der sogenannten Gruppe der Stellvertreter — auch in dieser ist Österreich vertreten — ausgearbeiteten Unterlagen die Entscheidungen zu treffen, auf welchen Gebieten und in welcher Form das künftige Währungssystem Neuerungen aufweisen soll. Wie bei jeder Konferenz, gab es auch bei dieser Tagung unterschiedliche Auffassungen. Die Aufgabe ist keineswegs leicht, denn es gilt, die Grundlage für ein Währungssystem zu schaffen, das gleich dem im Jahre 1944 geschaffenen am besten mehrere Jahrzehnte lang funktionieren soll. In der Weltpresse reichte denn auch der Fächer der Kommentare von einer nicht unberechtigten Skepsis bis zu betontem Optimismus. Ungeduld in Währungsdingen ist aber ebenso schädlich wie Euphorie, schon deswegen, weil die Vertrauensbereitschaft der Öffentlichkeit größer ist als die Verständlichkeit der Ausdrucksweise der Währungsexperten oder jener, die sich als solche dünken.

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Manchmal entsteht der Eindruck, daß bewußt Begriffsbezeichnungen verwendet werden, die sich dem Allgemeinverständnis entziehen, wie Link, objektive Indikatoren, Anpassungsprozeß. Sicherlich handelt es sich in einem oder dem anderen Fall um Probleme, die selbst von Fachleuten in der Tragweite nicht ganz durchdacht sind.

Bei anderen Problemen wieder, tritt neben die Frage der Verständlichkeit die der Uneigennützigkeit, wie z. B. bei der Rolle der Reservemedien, das sind alle Werte, über die eine Notenbank für den Fall, daß sie Zahlungsbilanzdefizite abdecken muß, verfügen kann. Wenn einzelne große Länder ihre wirtschaftliche und politische Macht bedenkenlos ausspielen um eine ihnen unbequeme, ihrer Freizügigkeit Grenzen setzende Regelung zu vereiteln, wodurch anderen Ländern die Nachteile einer Fehlentwicklung im Bereich von Wirtschaft und Währung aufgebürdet werden, dann erscheint es begründet, an der Lauterkeit bestimmter Reformideen Zweifel anzumelden. Dieser Gesichtspunkt tritt bei der Erörterung der Stellung des Goldes besonders klar zu Tage.

Es gibt in der Währungspolitik kaum ein Thema, das — namentlich in den USA — mit mehr Ressentiments und Emotionen behaftet ist als die Goldfrage. Dies betrifft seine Stellung als Notenibankaktivum, seinen Preis und seine Handelbar-keit. Auf all diesen Gebieten war die Goldpolitik der USA in der Nachkriegszeit ein Fiasko. Einem Anstieg der metallischen Reserven der Vereinigten Staaten während des Krieges und danach folgte seit 1949 ein langsamer und später trotz hartnäckiger Bemühungen der USA unvermindert starker Abfluß von Gold. Während unmittelbar nach Kriegsende bis gegen Mitte der fünfziger Jahre die meisten Länder zufolge des Zinsertrages mehr an Dollarguthaben als an Gold interessiert waren, hat sich nach dem Übergang der meisten europäischen Länder zur Konvertibilität zur Jahreswende 1958/59 ein Sinneswandel eingestellt. Auf Grund der permanenten Zahlungsbilanzdefizite der USA vergrößerten sich die Dollarguthaben des Auslandes, obwohl dieses immer mehr auf Abstattung in Gold als in Dollar drängte; im Jahre 1962 überstiegen die kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland erstmals die Goldbestände.

Seitens der Vereinigten Staaten wurde die Golddeckungspflicht für die kurzfristigen Verbindlichkeiten der Federal-Reservebanken und die umlaufenden Noten der Reservebanken beseitigt, die Abgabe von Gold über den Goldpool am freien Markt eingestellt und eine Spaltung des Goldpreises in einen für die Transaktionen der Notenbanken gültigen offiziellen und einen freien Preis in Kauf genommen. Ausländischen Währungsbehörden wurde die Konversion von Dollarguthaben wohl zugestanden, in der Praxis aber schon lange vor dem 15. August 1971 suspendiert.

Allerdings haben sich auch beim Angebot einschneidende Veränderungen ergeben. Die Goldproduktion, die seit 1952 kontinuierlich zugenommen hat, ist seit Mitte der sechziger Jahre nicht mehr gewachsen. Das beste Jahresergebnis wurde 1965 mit einem Angebot von Gold im Gegenwert von rund 2 Milliarden Dollar erzielt, wovon mehr als 25 Prozent auf die Sowjetunion entfielen; hingegen verringerten sich die Zuflüsse zu den Währungsreserven, die früher die Hälfte der Jahresproduktion betrugen, bereits damals empfindlich. Seither stagnieren sie, und die Zunahme der offiziellen Goldbestände in den letzten 3 Jahren — sie wurden vom Internationalen Währungsfonds (IWF)

zuletzt mit 50 Milliarden Dollar ausgewiesen — erklärt sich durch die Abwertung des Dollars.

Aus diesen Daten können verschiedene Schlüsse gezogen werden. Wenn auch die offizielle Goldversorgung zum jetzigen Preis von 42,22 Dollar pro Unze für das Wachstum der Reserven unzureichend ist, so könnte doch von einer Erhöhung des Goldpreises bei gleicher Produktionsmenge eine höhere Marktleistung und ein Nachlassen der Nachfrage erwartet werden. Eine Bewertung zum freien Marktpreis würde einen Bewertungsgewinn von rund 90 Milliarden Dollar ergeben; ihn zu neutralisieren, das heißt dem Zugriff des Staates und der einkommenswirksamen Verwendung zu entziehen, ist das Hauptproblem. Stammen doch unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten daher, daß es uns nicht gelungen ist, die Verdoppelung der Weltwährungsreserven in den letzten drei Jahren bis Ende 1972 auf 156 Milliarden Dollar zu verkraften.

Hauptproblem Inflation

An der Zunahme der Reserven hatten die 1969 geschaffenen Sonderziehungsrechte mit 9,5 Milliarden Dollar nur geringen Anteil. Klar ist jedoch, daß es dieser synthetischen Währungsreserven, die aus Angst vor einem allfälligen Liquiditätsmangel konstruiert wurden, gar nicht bedurft hätte. Die bei ihrer Geburt ins Treffen geführten Gründe, wie rationelle, den Bedürfnissen der Liquiditätsversorgung angepaßte Steuermöglichkeit, Unabhängigkeit von der Goldversorgung und den Hauptproduzenten (Südafrika und UdSSR), erscheinen in diesem Licht wenig überzeugend.

Wenn nach Ansicht fast aller internationaler Gremien die Inflation das Hauptproblem aller Länder ist, dann mag es wohl angezeigt sein, zu überdenken, welche Folgen unsere gewandelte Einstellung dem Gold gegenüber bedingt. Im wesentlichen gibt es drei Gruppen:

1. Die Anhänger der Demonetisie-rung des Goldes, voran die USA und alle Länder mit geringen Goldreserven. Ihrer Ansicht nach ist Gold eine spekulativen Einflüssen unterliegende Ware. Die Bestände sollten dem IWF übertragen werden, der das Gold am freien Markt veräußern könnte. Die Rolle des Reservemediums hätten die Sonderziehungsrechte zu übernehmen.

2. Die Anhänger eines neuen Goldstandards, als deren Wortführer der französische Währungsfachmann Rueff gilt. Durch eine Erhöhung des offiziellen Goldpreises auf das Niveau des Freimarktpreises ergäbe sich ein Buohgewinn, der in Gold als Anleihe den USA zur Verfügung gestellt werden könnte. Diese würden mit dem Gold die Dollar, welche sich im Besitz von ausländischen Währungsbehörden befinden, rücklösen, ihre Goldschulden aus Zahlungsbilanzüberschüssen abdecken und das

Gold wieder zum Zahlungsbilanzausgleich verwenden.

3. Die Pragmatiker. Während einer Übergangszeit sinkt der Goldanteil an den Währungsreserven. Die Notenbanken sollen Gold am freien Markt kaufen und verkaufen können, unter Beibehaltung des offiziellen Goldpreises. Die Sonderziehungsrechte (SZR) könnten ans Gold gebunden bleiben. Anhänger der Iiberalen Goldreservenpolitik sind die meisten Notenbankfachleute, so Doktor Emminger von der Deutschen Bundesbank und der frühere Notenbankchef Österreichs, Doktor Schmitz.

Welche Gruppe sich durchsetzen wird, hängt nicht allein von nationalökonomischen Erwägungen ab. Die Sterilisierung des Bewertungsgewinnes im Falle einer Erhöhung des Goldpreises ist eine technisch zu lösende Frage, wie die Schaffung von SZR. Viel schwerer zu lösen sind die sich aus einem Nebeneinander gleichberechtigter Reservemedien (Gold und SZR) ergebenden Probleme. Hier ist die Gefahr, daß das Greshamsche Gesetz die Entscheidung trifft und Zahlungen mit dem Mittel geleistet werden, das von den Besitzern am geringsten geschätzt wird. Das Zeitalter des Bimetalismus, als Gold- und Silbermünzen nebeneinander zirkulierten, kann uns manches lehren.

Die neue Währungsordnung soll mithin nicht nur dauerhaft sein, sondern soll auch klare Entscheidungen beinhalten, selbst wenn sie hart erscheinen. Für Österreich als kleines Land, das neutral bleiben will und außenwirtschaftlich stark verflochten ist, bleibt es unerläßlich, über eine ausreichende Menge von Mitteln zu verfügen, die von jedem Land zu jeder Zeit in Zahlung genommen werden. Die SZR werfen hier die Frage auf, wie diese Aktiva im Falle weltweiter Konflikte verwendbar sind.

Ganz allgemein ist es wichtig, das zur Zeit erschütterte Vertrauen der

Öffentlichkeit in die internationale Währungsordnung so rasch wie möglich wiederherzustellen. Vertrauen kann aber nur erworben und nicht befohlen werden. Es gründet sich auf Erfahrungen, weshalb die in Washington mit den Reformarbeiten Befaßten den Spruch bedenken sollten: „Those who cannot rememiber the past are condemned to repeat it!“

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