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Griechenland

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In „Le Monde“ vom 24. November 1967 ist bezüglich des gerade damals mit drakonischen Strafen für die Mehrzahl der 41 Angeklagten zu Ende gelangenden Prozesses in Saloniki ausgeführt, man wundere sich darüber, daß dieser seit 7. November 1967 stattfindende Prozeß in Abwesenheit von ausländischen Beobachtern durchgeführt worden Ist. Ebenfalls am 24. November 1967 hat ein englischer Anwalt einen Bericht über von ihm festgestellte Folterungen durch Organe der derzeitigen griechischen Regierung der Weltöffentlichkeit übergeben, aus welchem sich ergibt, was mit den tau-senden Verhafteten seit der Machtergreifung durch die Militärjunta seit April 1967 tatsächlich vor und nach durchgeführten Prozessen geschieht.

Die internationale Juristenkommission, die im Weltmaßstab überall für den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten eintritt, hat auf ihr schriftliches Ersuchen, offiziell juristische Beobachter zu den Prozessen nach Griechenland zu schik-ken, eine höfliche, aber eindeutige Absage erhalten. — Inzwischen laufen eine Fülle von Prozessen gegen offenbar unschuldige griechische Staatsbürger weiter, es kommt zu Verurteilungen — wegen bloßen Unmutsäußerungen — zu mehreren Jahren, es wird mit vielen Deportationen und unmenschlichen Behandlungen täglich gewütet. Es mag sein, daß der frühere Ministerpräsident Karamanlis recht hat, wenn er in gerade veröffentlichten Interviews in Paris die Meinung vertritt, die griechische Militärdiktatur könne sich wohl nicht mehr lange halten. Das entbindet aber nicht vom Eintreten für die Einhaltung einer geordneten Strafrechtspflege und die Befolgung der internationalen Verträge.

Es war der Grieche Antonopoulos, der in der 8. Sitzung im Jahre 1949 im Europarat erklärte, es sei unvorstellbar, daß in Mitgliedsstaaten des Europarates nunmehr eine neue Diktatur errichtet werde; eine ernstliche Verletzung der Menschenrechte, wie sie durch die Europäische Konvention zu schützen sind, müsse zur Anwendung der Artikel 3, 4 und 8 des Statuts führen, da der Schutz dieser Menschenrechte die conditio sine qua non für die Mitgliedschaft beim Europarat ist. Schweden, Norwegen, Dänemark und auch Holland haben im Europarat die Initiative ergriffen und das nach dem Statut des Europarates und“ der europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorgesehene Verfahren, welches zum Ausschluß Griechenlands aus dem Europarat führen kann, zur Einleitung gebracht. Die Entscheidung des Ministerausschusses des Europarates dürfte nun nicht mehr

lange auf sich warten lassen, da gemäß Artikel 32 der Europäischen Konvention die Frage der Verletzung der Menschenrechte durch Griechenland innerhalb von 3 Monaten vom Datum der Vorlage des Berichts der Kommission (Artikel 31) mit Zweidrittelmehrheit zu erfolgen hat, es sei denn, es käme gemäß Artikel 48 zu einer Überweisung an den Europäischen Gerichtshof.

Knapp vor Weihnachten, erschüt-tert von den Berichten, die im österreichischen Nationalrat verlesen worden sind, soll nun an den Europarat appelliert werden, den Beschluß des Ministerkomitees bezüglich Entsendung von Rechtsbeiständen zu Prozessen, endlich effektiv zu machen. Die Glaubwürdigkeit des Europa-rates und des Völkerrechtes steht hier auf dem Spiel.

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