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Auch Kinder können unter "behandlungsbedürftigen" Ängsten leiden, erklärt Universitätsprofessor Max Friedrich, Vorstand der Klinik für Psychiatrie und Neurologie des Kindes- und Jugendalters im Wiener AKH. "Wir finden alle Formen der Angst und der Panik auch bei Kindern, nur in der für das betreffende Lebensalter typischen Ausdrucksform", so Friedrich. Kinder drücken ihre Angst allerdings anders aus. Im Gegensatz zu Erwachsenen neigen sie dazu, ihre Angst etwa durch Schreien zu äußern. "Erwachsenen dagegen bleiben - im übertragenen Sinne - lieber im Bett liegen, ziehen sich die Decke über den Kopf und gehen nicht aus dem Haus."

Phobische Reaktionen bei Kindern können auf Objekte, Personen oder Situationen bezogen sein. "Dabei ist der Unterschied zu den Erwachsenen ausschließlich der, daß die Objekte anders ausschauen. Ein Kind fürchtet sich etwa vor einem Schatten, der am Abend im Zimmer auf und ab hüpft, während die Erwachsenen sich eher vor Objekten ihrer Erfahrungswelt fürchten. Aber sonst ist die Angst ähnlich," so Friedrich.

Die klassische Phobie des Kindes ist die Schulphobie, wobei ein Kind unter keinen Umständen in die Schule gehen möchte und sogar Panikattacken entwickelt. "Die Schule kann aber gar nichts dafür. Sie ist nur der Ort der Angst. In Wahrheit ist es eine Angst, die auf der Trennung vom ,geliebten Objekt' Mutter basiert," so Friedrich. Das Kind sei in einem Lebensalter, wo es um die Existenz der Mutter fürchtet. "Wir haben sogar ein Wort dafür in der deutschen Sprache: Wenn meiner Mami was passiert, dann stehe ich ,mutterseelenalleine' auf der Welt. Daraus entsteht die Panik: ,ich muß auf diese Mami einfach aufpassen'."

"Behandlungsbedürftig" wird Angst bei Kindern erst, erklärt der Kinderpsychiater, wenn die kulturspezifischen, alltäglichen Verrichtungen nicht mehr gelingen. Dann sollten sich Eltern an einen Arzt wenden.

Im Gegensatz zu diesen pathologischen Ängsten, entwickelt jedes Kind die "lebensaltertypischen" Ängste, die überwunden werden müssen, um den nächsten Lebensabschnitt beginnen zu können. Friedrich: "Das beginnt mit acht Monaten mit dem ,Fremdeln' und endet mit dem erstmaligen Auftreten der Todesangst um das 30. Lebensjahr herum, wenn der Mensch die eigene Endlichkeit erkennt.

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