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Lieblingskind des Westens in Zentralasien

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Kirgistan (Kirgisien) ist des Westens politisches Liebslings- kind in Zentralasien, denn Präsident Aqa (Akajew) war schon zu früheren Zeiten ein Kritiker der Sowjetordnung; außerdem ist er ein Wirtschaftsexperte und nicht nur ein Parteibonze wie Präsident Niyaz(ow) von Turkmenistan oder Präsident Karim(ow) von Usbekistan.

Nach Auflösung des Sowjetimperiums hat der populäre Präsident die Demokratisierung in seinem neuen Staat vorangetrieben, sodaß Kirgistan nun eine Art Insel in Zentralasien darstellt. Eine asiatische Schweiz ist es allerdings noch lange nicht. Wirtschaftlich hat Kirgistan weniger zu bieten als die Nachbarstaaten Kasachstan und Usbekistan. Selbst das südlich von Kirgistan gelegene Tadschikistan wäre für Investoren verlockender. So bekommen nun die braven Kirgisen ob ihres politischen Anstands Belohnungen vom Internationalen Währungsfonds (104 Millionen Dollar) und von der Weltbank (20 Millionen) zwecks Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Neben Engländern und Deutschen sind speziell Österreicher und Schweizer eingeladen, sich für entsprechende Ausbildungsprogramme zu bewerben.

Tadschikistan bekommt noch weniger, nämlich Weizenspenden aus den USA, „in Anerkennung der bei der Demokratisierung erzielten Fortschritte“. In dieser Hinsicht können die Altkommunisten in Duschanbe in der Tat nicht viel erzielen. Selbst wenn sie aus reinem Eigennutz heraus demokratisieren wollten, um wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten, sehen sie sich doch einem totalitären Rivalen gegenüber, dem Islamismus. Wie früher Faschisten und Kommunisten fordern die Islamisten Demokratie solange sie selbst nicht an der Macht sind. Gleichzeitig produzieren sie jedoch eine reichhaltige Propagandaliteratur, die Demokratie als westliches Teufelswerk verdammt.

TADSCHIKISCHE PROBLEME

Tadschikistan wird von Mudschahe- din aus Afghanistan angegriffen, darunter arabische Freischärler, die zum Teil in ihren Heimatländern zum Tode verurteilt sind. Die tadschikische Grenze wird von russi- sehen Truppen geschützt, die von Glück reden können, daß die Islamisten Afghanistans sich in einem Bürgerkrieg gegenseitig zerfleischen. Andernfalls wäre die Lage der Regierung in Duschanbe äußerst kritisch.

In Afghanistan leben nicht weniger Tadschiken als in Tadschikistan, und die Islamisten haben es sich in den Kopf gesetzt, Tadschikistan mit Afghanistan zu vereinen.

Deshalb klammert sich das Regime in der Hauptstadt Duschanbe ängstlich an Russen und Rubel. Als einzige der „neuen Republiken“ hat Tadschikistan noch keine eigene Währung eingeführt. Potentiell ist zwar auch dieser Pamirstaat reich, faktisch ist er jedoch der ärmste unter den zentralasiatischen Republiken.

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