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Antlitz des Menschen

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Das Antlitz des Menschen in Ost und West — im Krieg und Nachkrieg, in seiner Einsamkeit und in der Masse, im Elend und im Wohlstand: das ist das Thema einer sehenswerten Photoausstellung im Museum für angewandte Kunst. Hilmar P a b e 1, der vielgerühmte und vielgereiste Photoreporter, zeigt Dokumente der Zerstörung und der menschlichen Verwirrung in einer zweigeteilten Welt: Bildberichte, die weniger dem photographischen Schwarzweißkontrast als der intensiven psychologischen Erfassung der Lebenskontraste gewidmet sind. Erlebnisberichte aus dem zweiten Weltkrieg, aus der Trümmerwelt von 1945, aus dem Flüchtlingsund Heimkehrerdrama; daneben politische Aktualitäten des letzten Jahrzehnts; daneben Reisereportagen aus den gesellschaftlichen Krisenherden in China, der Mandschurei und der UdSSR, aus den Slums in Amerika und Japan, aus den Zonen weltpolitischer Konflikte in Indonesien, Arabien und Formosa. „Ich fotografiere Menschen“ heißt das dramatische Spiegelbild unseres Jahrhunderts: diese Photos berühren, erwecken Anteilnahme, rücken nahe an uns heran. Es ist nützlich, sie zu sehen.

Franz R e d e r e r, Gemälde und Graphik von 1919 bis 1959 im Künstlerhaus: Man steht vor vitalen, effektvollen Selbstporträts, vor wuchtigen, weiß schimmernden Akten, vor ausdrucksvollen Frauengemälden — und überlegt, woran es wohl liegt, daß einen so gekonnte, eigenwillig-dramatische Bilder so wenig berühren. Worin der Grund liegen mag, daß man sich zu einer so imposanten Handschrift so wenig hingezogen fühlt. Daß man so kühl bleibt, so unbeteiligt. Vermutlich liegt es an der gewaltsamen Monumentalität, an dem lauten Selbstbewußtsein .des Künstlers, vielleicht ist die stete Wiederholung der in aggressiver Art zur Dokumentation des eigenen Könnens beanspruchten Motive daran schuld. Ganz sicher aber rührt es daher, daß eine so exemplarisch demonstrierte Persönlichkeit so wenig Schöpfertum verrät. Es ist Malerei, was wir da sehen — gute Malerei sonst nichts. Es ist Getanes, aber nichts Erschaffenes. Es ist ein StB, eine Manier, aber kein geistiges Programm. Rederer malt für sich, zur eigenen Gloriole, nicht aber für die Kunst. Rederer ist nicht demütig genug für. einen großen Künstler. Und überdies: es ist viel Eigenes in den in matten grau-grünen. Farben gehaltenen (und sicherlich sehr gerne gekauften) Bildern, aber nichts Eigenständiges. Ohne Kokoschka (vor allem bei den nahezu abgeschauten Landschaften) wäre Rederer nicht denkbar.

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