Das unterschätzte Paradies

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Ein Bildband unternimmt eine packende Spurensuche im Weinviertel.

Das Weinviertel ist Bauernland, das war schon immer so. Mildes pannonisches Klima, leicht zu bearbeitendes Hügelland und fruchtbare Böden auf dem Lössuntergrund bildeten die Basis für die schon sehr frühe dauerhafte Besiedlung der Gegend nördlich der Donau.

Wein, viel Wein

Seit der Jungsteinzeit, wie beispielsweise der Fund der weltberühmten Venus von Willendorf belegt, haben hier Menschen gelebt. Anders als in den alpinen Regionen lag und liegt der Schwerpunkt der landwirtschaftlichen Tätigkeit beim Ackerbau und hier wiederum - der Name des Viertels verrät es - beim Weinbau. Was die Weinviertler Bauern jedoch mit allen anderen Bauern gemeinsam hatten, war und ist zum einen die Abhängigkeit vom Wetter und zum anderen die wechselhafte Beziehung zur Obrigkeit.

Ins Unterirdische

Der Text-Bild-Band Weinviertel führt den Leser zu den auch wörtlich zu nehmenden Tiefen dieser Gegend, die im Laufe der Geschichte durch die geografisch exponierte Lage von unzähligen Kriegen, Plünderungen und sprichwörtlichen biblischen Heimsuchungen wie Pest und Cholera geplagt wurde.

Der leicht zu bearbeitende Löss ermöglichte es der leidgeprüften Bevölkerung aber, sich in unterirdischen Höhlensystemen Zuflucht zu verschaffen, in künstlich geschaffenen Erdstallanlagen, die heute zum Teil als Weinkeller genutzt eher erbaulicheren Zwecken dienen. Wunderbares, Unerforschtes und Verborgenes will, wie der Untertitel verspricht, diese Publikation beleuchten und das ist über weite Strecken, unterstützt mit liebevollen Aufnahmen, gelungen.

Die beiden Autoren erkennen, dass das Viertel unter dem Manhartsberg trotz seiner geografischen Nähe zur Großstadt Wien nicht als das Künstlerrefugium gesehen wurde und wird, wie andere österreichische Regionen wie beispielsweise das Salzkammergut. Es gibt hier keine wirklichen Lokalheroen; Dichter, Musiker oder Maler, die als Botschafter ihrer Heimat anzusehen sind. So wird der zumeist sehr kurze Aufenthalt von Persönlichkeiten wie Beethoven, Liszt oder Anton Bruckner im Weinviertel zu Ereignissen, die sich in Gedenksteinen und -tafeln manifestieren.

Musiker und Räuber

Nicht fehlen darf jedoch die Darstellung des legendären Räuberhauptmanns Grasel und seiner Untaten, die dieser im Weinviertel und im angrenzenden Waldviertel begangen hat. Verurteilt und hingerichtet wurde dieser Räuber aber bezeichnenderweise 1818 in Wien.

Pater Joachim Haspinger, der Kampfgefährte Andreas Hofers in den Schlachten am Berg Isel gegen die Franzosen, fand nach seiner Flucht im Weinviertel eine neue Heimat und hat hier nicht nur in der Seelsorge Spuren hinterlassen.

Unterschätzte Gegend

Das ansprechende Bildmaterial macht Lust auf ein näheres Kennenlernen dieser eher unterschätzten Gegend, die als uralte Kulturlandschaft und als Einzugsgebiet einer Großstadt gerade unter dieser Dominanz zu leiden hat. Als Naherholungsgebiet und Ausflugsziel gibt es in diesem Buch vieles Unbekannte zu entdecken und aufzufrischen.

Weinviertel. Wunderbares - Unerforschtes - Verborgenes

Von Thomas Hofmann und Nikolaus Korab. Pichler Verlag, Wien 2003

168 Seiten, zahlr. Abb., geb., e 24,90

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