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Urlaub vor den Toren Wiens

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Niederösterreich, und hier vor allem das Gebiet der Erzdiözese Wien — vom Wienerwald bis zum Burgenland und vom Semmering bis zur Tschechoslowakei — war schon seit altersher ein Anziehungspunkt zahlreicher fremdler Völkerstämme. Schon in frühgeschichtlicher Zeit lag es am Schnittpunkt der ersten europäischen Verkehrs- und Handelsstraßen, der Bernsteinstraße, die von der Ostsee her die March entlang über die Donau nach Süden führte, und dem alten Donauweg, auf dem schon in sagenhafter Vorzeit Krimhilde und die Nibelungen gegen Osten an den Hof König Etzels zogen. — Dieses Gebiet war eine Bastion gegen den Osten, und mächtige Burgen wurden zur Abwehr der Ungarn, Slawen und später der Türken errichtet. In der Zeit der Kreuzzüge waren die Burgen Sammelplätze der Ritter aus fast allen Ländern Europas, und in ihrem Gefolge zogen Händler und Kaufleute, Künstler und Gelehrte mit. Später wählten die Kirchenfürsten von Regensburg, Passau und Salzburg ihre großen, in Nie-deröstererich gelegenen Weinhefe und Güter zur Sommerresidenz; mit ihnen kam wieder großes Gefolge, kamen Dichter und Sänger, kamen Kultur und Wohlstand in dieses Gebiet. — Die im Aufstreben begriffene Haupt- und Residenzstadt Wien bildete in späterer Zeit einen gewaltigen Anziehungspunkt für unzählige Fremde, die auf Donauschiffen, in Postkutschen und nachher mit der Eisenbahn von überall hierher kamen.

Dieses Land ist aber auch von der Natur in so hohem Maße bevorzugt, daß es den Fremden Anreiz zum Besuch und zum Verweilen bietet. E vereinigt auf so engem Raum wie kein zweites Gebiet die Landschaftscharaktere vom Hochgebirge bis zur Steppenlandschaft und bildet damit eine Brücke zwischen Norden und sonnigem Süden. Auf seinen Fluren und Rebhängen, sei es in Falkenstein, Matzen, Mailberg oder in Gum-poldskirchen, Perchtoldsdorf und Klosterneuburg, reift der vielbesungene, köstliche, niederösterreichische Wein - begehrt und beliebt wegen seines „Buketts“ und seiner leichten Verträglichkeit. Von den Tiefebenen des Marchfelds und Steinfelds über die sanft ansteigenden grünen Hügel des Wienerwaldes, über die Mittelgebirgs-formationen der Voralpen bis hinauf zu den Hochgebirgsgipfeln von Rax und Schneeberg wird den fremden Gästen jede landschaftliche Formenschönheit geboten. Für Kranke und Re-konvaleszente ist dm den niederösterreichischen Heilbädern Baden, Deutsch-Altenburg, Fischau, Schönau und Vöslau mit ihren modernen Kur-

behelfen und Einrichtungen Gelegenheit zur Erzielung vortrefflicher Heilerfolge gegeben. Die Luftkurorte Puchberg, Reichenau und Semmering erheben sich in die Regionen belebenden Sonnenscheins und wirken wohltuend auf das Gemüt Gesunder und Kranker.

Den landschaftlichen Reizen des Landes, diesen vielen anmutigen und romantischen Tälern, weiten Wäldern, rauschenden Flüssen und Bächen, schneebedeckten Berggipfeln, sanften Rebhügeln und unendlichen Ebenen, stehen die unzähligen kulturhistorischen Baudenkmäler gleichbedeutend gegenüber. Die vielen Ruinen und Burgen, die einst einen wehrhaften Ring um das Land bildeten, die Wallfahrtskirchen von

jQeinmariazell, Hafnerberg, Maria-Enzersdorft Mariahilfberg, Maria-Schutz und Maria-Lanzendorf, die altehrwürdigen Kirchen von Bad Deutsch-Altenburg, Petronell, Perchtoldsdorf, Mödling, Wiener Neustadt, Kirchberg am Wechsel, Kirchschlag, Schöngrabern, Pulkau und Retz, um nur einige wenige zu erwähnen, die reizenden mittelalterlichen Bürgerhäuser, die großen barocken Schloßanlagen und vor allem die Stifte Heiligenkreuz und Klosterneuburg sind Zeugen der jahrhundertealten kulturellen Vergangenheit unseres Landes. — Doch auch die großen Au9grabungsfelder von Carnuntum bilden einen starken Anreiz zum Besuch der Stätten, wo vor 2000 Jahren römische Legionen Wacht an den Grenzen eines Weltreiches hielten. Carnuntum ist die an Größe, Wert und Umfang bedeutendste Ausgrabungsstätte Österreichs und

wurde bereits de* öfteren, als .lÖtferneicluche Pompeji“ bezeichnet.

Die Landschaften und Kulturgüter nördlich der Donau, vom Manhartsberg bis zur March, sind leider allzu vielen noch nicht bekannt. Und doch ist dieses Land interessanter historischer Boden mit ganz besonderen landschaftlichen Reizen. Das Marchfeld, der östliche Teil dieses Gebietes, ist nicht nur die Kornkammer Österreichs, es weist auch alle Besonderheiten der

Tiefebene auf — wogende Getreidefelder, üppige Auwäler und kleine Wäldchen, über die sich, der unendliche Bogen des Himmels spannt. Die prachtvollen barocken Schlösser des Marchfeldes bezeugen, daß dieses Gebiet einmal im Mittelpunkt des höfischen Lebens stand.

Ausgedehnte Weinkulturen haben dem an das Marchfeld angrenzenden Landesteil den Namen „Weinviertel“ eingetragen. Weinberge, fruchtbare Felder und die Bohrturmromantik des österreichischen Erdölgebietes wechseln mit sanften Hügelketten, Buchen- und Eichenwäldern und idyllischen Tälern. Von der höchsten Erhebung der Leiserberge, vom Buschberg, bietet sich ein einzigartiger Ausblick, der über das Weinviertel bis zu Schneeberg und Rax, nach Mähren und bis zu den Karpaten reicht.

Für Sport jeder Art ist in Niederösterreich Platz. In hervorragender Weise bietet das Land

Gelegenheit zur Ausübung von Wintersport, Wanderung und Touristik. Die Wege und Klettersteige sind gut markiert, die Berghöhen haben vielfach Touristenhäuser mit guten Wirtschaften und entsprechenden Unterkünften. Der Wintersport kann hier — wie in den Alpenländern — bis in den tiefen Frühling in den hochalpinen Gebieten der Raxalpe und des Schneebergs ausgeübt werden. Die Seilbahn auf die Rax, die Bergbahn auf den Semmering, die Sesselliftanlagen im Schneeberg-, Semmering- und Wechselgebiet und die vielen Schlepplifte in allen Wintersportgebieten des Landes zeigen durch ihre starke Frequenz ihre Beliebtheit beim Publikum.

An den schönen Gewässern, in den vielen Freibädern und Badeanstalten, die in fast jeder Sommerfrische bestehen, ist reichliche Gelegenheit zur Ausübung des Wassersports geboten. Hier verdienen besonders die großen Strandbäder an der Donau Erwähnung, die zu den begehrtesten Ausflugszielen des Großstadtpublikums zählen. Der Ruder- und Paddelsport steht hier in voller Blüte, und der Wasserskilauf verspricht auch hier zu einem wahren Volkssport zu werden. Den Golf- und Tennisspielern stehen gepflegte Anlagen und Plätze zur Verfügung. Ebenso können Sportfischer und Waidmann hier ihrem Hobby fröhnen.

Gemütliche Heurigenschenken an der Ther-menlinie und im Weinviertel laden zum Besuch und zum „Verkosten“ des edlen Rebensaftes ein. Geselligkeit und Fröhlichkeit sind hier überall zu Hause, man „beißt“ den „Heurigen“ sowie den „Alten“ und vergißt Mühsal und Alltag.

In allen Teilen des Landes sorgen gepflegte Gaststätten für das leibliche Wohl ihrer Gäste. Die berühmte österreichische Küche — von der „Leberknödelsuppe“ bis zum „Millirahmstruder, vom „Rehrücken“ bis zum „Wiener Schnitzel“ — ist gleicherweise anzutreffen wie auch erlesene ausländische Spezialitäten und die leider heute wieder vielgesuchte Diätküche. Ob in exquisiten Hotels, in hübschen Pensionen, in gemütlichen Gasthöfen oder in einsamen Schutzhütten, immer wird man sich wohl und heimisch fühlen.

Was zur Erholung und Gesundung des Körpers und zur Aufheiterung und Erquickung von Herz und Gemüt beitragen kann, bietet das Land zwischen Semmering und March, das im wahrsten Sinne des Wortes ein Fremdenverkehrsland ist. Nicht nur die natürlichen Gegebenheiten des Landes, sondern vor allem die Eigenart des Niederösterreichers, seine Gastfreundschaft, Liebenswürdigkeit und Zuvorkommenheit machen das Land bei den Gästen beliebt und tragen dazu bei, daß immer mehr Fremde dieses Land um Wien als Gäste besuchen und als Freunde verlassen.

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