Durch die Sackgasse ins Urlaubsglück
Wir befinden uns im Monat drei nach Corona. Die ganze Tourismusindustrie ist noch im Schockzustand … Die ganze? Nein! Unbeugsame Bergsteigerdörfer zeigen Auswege aus der Krise.
Wir befinden uns im Monat drei nach Corona. Die ganze Tourismusindustrie ist noch im Schockzustand … Die ganze? Nein! Unbeugsame Bergsteigerdörfer zeigen Auswege aus der Krise.
Das Gesäuse hat den Durchbruch in den Genen. Der Ausweg ist die Gesäuse-DNA. Das wild schäumende, schnell rauschende Wildwasser der Enns lässt sich von den Kalkbergen zwischen Admont und Hieflau nicht bremsen, bahnt sich durch diese obersteirische Bergenge seit Urzeiten und immer noch einen Weg ins Freie, gibt mit seinem Sausen dem „Xeis“ seinen Namen. „Peternpfad“ heißt ein spektakulärer Anstieg durch die Gesäuse-Felswände. Die Legende erzählt von einem Wilderer mit Namen „schwarzer Peter“, der auf dieser Route seinen Verfolgern regelmäßig auf rätselhafte Weise durch die steilen Felsschluchten entwischte – weil die dort keinen Weg mehr sahen, wo der wilde Peter einen fand.
„Weiter hinten kommen nur mehr ein paar Almen, wir fahren da eigentlich in eine Sackgasse“, erklärt die Chauffeurin vom Gesäuse-Sammeltaxi auf der Fahrt nach Johnsbach. Wenn sie damit nur die Straße meint, hat die Fahrerin natürlich recht. Der Asphalt hört bald nach dem Kölblwirt am Ortsende auf und auch die Forststraßen finden weiter oben ihr Ende. Aber steckt Johnsbach deswegen in der Sackgasse?
Grenzüberschreitende Idee
Die gut 150 Einwohner zählende Talortschaft gehört mittlerweile zur Gemeinde Admont, ist aber nach wie vor ein eigenständiges Bergsteigerdorf geblieben. Unter dem Titel „Bergsteigerdörfer“ läuft eine bald 20-jährige Initiative des Österreichischen Alpenvereins, der sich mittlerweile auch die Alpenvereine von Deutschland, Südtirol, Venetien und Slowenien angeschlossen haben; der Schweizer Alpenclub zeigt sich ebenfalls von der Idee fasziniert und an einem Beitritt interessiert. Worum geht es? Die Initiative versteht sich als Umsetzungsprojekt der Alpenkonvention zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums durch umweltgerechten Tourismus und Bergsport. Die Gäste in Bergsteigerdörfern sollen laut dieser Tourismus-Philosophie eine Idee bekommen, wie zukunftsfähiger Aktiv-Urlaub in den Bergen sommers wie winters aussehen kann: Anregung ohne Hektik, Belebtheit ohne Lärm, Nähe ohne Respektlosigkeit, Genuss auf hohem Niveau, Bewegung aus eigener Kraft. „Kurzum, die Bergsteigerdörfer sollen eine Gästeschicht ansprechen, die sich Urlaubsorte in Österreich
aussucht, in denen es noch einigermaßen ‚normal‘ zugeht“, beschreibt Roland Kals, Raum- und Landschaftsplaner, Vorsitzender des Salzburger Alpenvereins und einer der geistigen Väter der Bergsteigerdörfer das Konzept.
Zimmer besetzt, Bier gekühlt
„Normal“ – Schlüsselwort für das Leben nach und trotzdem immer auch noch mit Corona. Normal war vor Covid-19 langweilig und altbacken. In der Quarantäne ist normal aber zum Sehnsuchtsort mutiert. „Ob es eine andere Normalität wird? Wahrscheinlich schon“, fragt und antwortet Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora in seiner „Bergspitzen“-Kolumne in der aktuellen Ausgabe der AV-Mitgliederzeitschrift Bergauf. Und wer möchte dann nicht Freizeit und Urlaub in dieser neuen Normal-Wunschdestination verbringen?
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