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Das Land, wo Ferien noch Ferien sind

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Wie soll man die Eigenheiten des Fremdenverkehrs in einem Bundesland charakterisieren, dessen Fläche fast ein Viertel der Gesamtfläche Österreichs ausmacht? Genügt nicht der Hinweis, daß Niederösterreich im wesentlichen alles das an Fremdenverkehrseinrichtung bieten kann, was auch in anderen Bundesländern vorhanden ist, auf manchen Gebieten aber sogar ein bißchen mehr? In den insgesamt 267 Fremdenverkehrsgemeinden (1976) können jedenfalls alle nur denkbaren Formen der Freizeitgestaltung betrieben werden, wenn auch nicht in jedem Ort und manchen Bereichen nicht im gleichen Maß wie anderswo.

Natürlich sind Niederösterreich landschaftlich gewisse Grenzen gesetzt, die manchen von einem Urlaub hier abhalten mögen. Der Bergfex, bei dem das Interesse für eine Urlaubsre- giori erst beim Anblick eines Dreitausenders erwacht, wird kaum auf seine Kosten kommen, obwohl für den etwas weniger Anspruchsvollen auch Schneeberg, Rax, Ötscher und Hoch- kar ihre Reize haben. Der Skilaufenthusiast, dem keine Abfahrt zu lang und kein Hang zu steil ist, wird beim Wort „Niederösterreich” im Zusammenhang mit Skisport Vielleicht die Nase rümpfen, aber etliche hervorragende niederösterreichische Skiläufer (zuletzt Elfi Deufl und Klaus Eberhard) haben längst den Beweis geliefert, daß man auch auf den Pisten dieses Bundeslandes genug lernen kann, um zur Weltspitze vorzustoßen. Mit 230 Liften, unzähligen Abfahrten, Loipen und Skiwanderungen kann sich das Land auch im Vergleich mit den „Hochburgen” des Skilaufs in Österreich durchaus sehen lassen, mag auch die Schneelage wegen der geringeren Höhe gefährdeter sein.

Auch die Schwimmer und Bade freudigen müssen durchaus nicht unbedingt ans Meer oder an die großen Seen in Kärnten oder ins Salzkammergut reisen. Niederösterreich wird im kommenden Jahr über 339 Bäder, davon 85 bei jedem Wetter benutzbare Hallenbäder und 89 vorgewärmte Freibäder, verfügen, die vier künstlichen Stauseen - der bekannteste dürfte der bei Ottenstein sein - erfreuen sich zunehmender Beliebtheit Der Lunzer See hat als größter See des Landes eine maximale Tiefe von immerhin 95 Metern, ist zum Baden aber eher kalt Wem es nur um ein bißchen „Baden” und mehr um Sonnenbräunung ä la „Teutonengrill” oder Gletscherregion geht, wird in Niederösterreich weniger auf seine Rechnung kommen. Wer vor allem schwimmen und Wassersport betreiben will, kann mit dem Angebot durchaus zufrieden sein; gibt es doch in 18 Orten einen Bootsverleih (Elektro-, Ruder- und Motorboote) und in fünf Orten an der Donau Gelegenheit zum Wasserskilauf.

Zwischen den Extremen Hochgebirge und Meeresstrand ist in Niederösterreich praktisch für jeden etwas zu finden. Die Angler können sich an die 102 Fischereireviere und 52 Fischteiche halten, die Pferdefreunde an die 99 Reitställe, die Jäger an die 18 Orte, die Jagdmöglichkeiten anbieten, die Schützen an die in 64 Orten bestehenden Schießsportmöglichkeiten. Wanderlustige finden in 302 Orten markierte Wanderwege vor und können in 41 Orten Wandernadeln für Gäste erwerben. Soll die Wanderung außerdem lehrreich sein, sind die 23 Waldlehrpfade beziehungsweise die vier Weinlehrpfade zu empfehlen. Will man in den Ferien etwas für seine körperliche Verfassung tun, besteht die Möglichkeit, einen der 25 Orte mit eigenen Fitneßparcours zu besuchen oder sich mit einem Fahrrad fortzubewegen, die man in 61 Orten mieten kann. Außerdem gibt es in 62 Orten Minioder Kleingolfplätze, vier große Golfplätze, 577 Tennisplätze und 18 Tennishallen.

All diese Zahlen sind natürlich sehr beeindruckend (vor allem, wenn man die Vergleichszahlen aus den vorangegangenen Jahren kennt), sagen aber noch wenig darüber aus, warum Niederösterreich so gerne als das Land, „wo Ferien noch Ferien sind”, angepriesen wird. Diesen Slogan rechtfertigen weniger neue großartige Einrichtungen als vielmehr die Urlaubsatmosphäre in diesem Bundesland. Es ist die Kinder-, Familien- und Seniorenfreundlichkeit, es ist das Bild von der Sommerfrische alter Prägung, das hier eine Rolle spielt Ein Urlaub in Niederösterreich ist erstens für den Inländer sicher erholsamer als eine Reise in ferne Länder, wo schon durch die Reisetage viel vom Erholungseffekt verloren geht, und zweitens kann ihn sich eine größere Familie viel leichter leisten.

Daß die Rechnung mit dieser Werbung, die natürlich allein keine Wunder wirken konnte, sondern auf die Bestätigung durch die Gastfreundlichkeit der Betriebe angewiesen war, aufgegangen ist, bestätigen die letzten Bilanzen im Fremdenverkehr: Niederösterreich hat sich heuer in Österreich neben Wien und dem Burgenland am besten behauptet, bei den Ausländemächtigungen war in den letzten Jahren ständig ein Zuwachs zu verzeichnen und bei den Inländernächtigungen, die seit einiger Zeit stagnierten, behauptet Niederösterreich immerhin die dritte Stelle hinter der Steiermark und Salzburg. 1976 wurden immerhin 5,723.753 Übernachtungen von inländischen und ausländischen Gästen registriert. Man hält bei einer Bettenkapazität von 61.783, davon zwei Drittel in gewerblichen Betrieben. Hier macht sich bereits seit einigen Jahren ein Umdenken von Quantität zu Qualität bemerkbar.

Schon seit einiger Zeit ist das Land in 22 Regionen eingeteilt worden, von denen jede von einem eigenen Fremdenverkehrsverband betreut wird: Bucklige Welt, Piestingtal, Pitten- tal-H och wechsel, Schneeberg-Hohe Wand, Semmering-Rax-Schneealpe, Melktal, Ötscherland, Pielachtal, Sier- ning-Mank-Texingtal, Traisen-Göl- sental, Ybbstaler Alpenvorland-Mostviertel, Wachau-Nibelungengau, Kamptal, Oberes Waldviertel, Thayatal, Waldviertel, Ysper-Weiten- tal, Kreuzenstein, östliches Weinviertel, Westliches Weinviertel, March-Donauland, Wienerwald. Jedes dieser Gebiete hat seine individuellen Reize, sie lassen sich kaum auf einen anderen gemeinsamen Nenner als eben „Niederösterreich” bringen.

Natürlich kann man manches als „typischer” für dieses österreichische Kernland bezeichnen, wenn man etwa mit „Niederösterreich” vor allem Wachau und Weinbau assoziiert Dann käme wohl der von der Fremdenverkehrsabteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung schon propagierte „Urlaub beim Winzer” - unter diesem Titel bieten die Gemeinden Krems, Spitz, Weißenkirchen und Senftenberg ein besonderes Arrangement an - solchen Vorstellun-

gen besonders entgegen. Aber zu Niederösterreich gehören ebenso die Zeugen seiner Kultur und Vergangenheit, die Kirchen, Klöster, Schlösser, Burgen und Ruinen. Zu Niederösterreich gehört der Theatersommer mit Festspielen von Perchtoldsdorf vor den Toren Wiens bis Melk im Schatten des Prandtauerschen Benediktinerstiftbaues. Melk ist aber nur eines von zehn Klöstern in Niederösterreich, die als Prachtbauten Anziehungspunkte für viele Touristen sind.

Das Stift Geras ist freilich noch aus einem anderen Grund ein Anziehungspunkt. Seit 1970 werden hier Hobbykurse für Freizeitkünstler veranstaltet, die sich im Malen, im Zeichnen oder im Kunsthandwerk vervollkommnen wollen. Und was da alles auf dem Programm steht! Bauernmalerei, bäuerliche Genremalerei, Heraldik, Altmeistertechnik, Restaurieren von Bauernmöbeln, Vergolden, Konservierung und Restaurierung von Bildern und Holzplastiken, Hinterglasmalerei, Rumänische Hinterglasikonen, Ikonenkurse, Holz- und Linolschnitt, Schriftkurse, Intarsien, Schnitzen, Aufbaukeramik und plastisches Gestalten mit Ton, Zeichenkurse, Zeichen- und Malkurse. Bereits jetzt sind die Kurse für nächstes Jahr zur Hälfte ausgebucht!

Natürlich gibt es, auch anderswo, in und außerhalb von Niederösterreich, solche Hobbykurse, aber der Anfang wurde in Geras gemacht. Natürlich gibt es auch anderswo Veranstaltungen, Kurorte, Naturparks, Urlaub am Bauernhof und Ferienwohnungen, aber Niederösterreich braucht sich seiner Leistungen auf diesen Gebieten keineswegs zu schämen. Der Kultursommer mit Theateraufführungen, musikalischen Darbietungen und dergleichen ist keineswegs auf wenige Orte beschränkt, sondern breitet sich immer mehr aus. Die zehn Kurorte haben zum Teil Weltruf, und das nicht nur, weil in Baden auch ein Spielcasino besteht.

Wer sich über Urlaub in Niederösterreich gründlich informieren will, bekommt von der Fremdenverkehrsabteilung gerne jede gewünschte Auskunft Daß es nicht nur Prospekte über einzelne Regionen, sondern auch geordnet nach speziellen Interessensgebieten gibt, ist erfreulich. So existieren Unterlagen zu folgenden Themen: Hobby kurse, Urlaub beim Winzer, Heurigenbetriebe, Hobby-Urlaub, Naturparks, Tierparks, Fitneßparcours, Waldlehrpfade, Weinlehrpfade, Fahrradverleih, Bungalows, Ferienhäu?er, Ferienwohnungen, Senioren-Ur- laubsangebote, Wasserskilauf, Pauschalarrangements (für die einzelnen Saisonen), Mautstraßen, Kinderheime, Babypensionen, Kinder kurheime, Ferieninternate, Unterkünfte für Jugendgruppen, Skilifte, Reiten, Tennis- und Golfanlagen, Fischen, Bäder und Camping (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

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