6692955-1962_45_18.jpg
Digital In Arbeit

Dichter und Freund der Dichter

19451960198020002020

MIMUS AUSTRIACUS. Von Erhard Bu schbeck. Aus dem nachgelassene Werk herausgegeben von Lotte von To bisch. Verlag „Das Bcrgland-Buch“, Salzburg-Stuttgart. 302 Seiten. Preis 98 S.

19451960198020002020

MIMUS AUSTRIACUS. Von Erhard Bu schbeck. Aus dem nachgelassene Werk herausgegeben von Lotte von To bisch. Verlag „Das Bcrgland-Buch“, Salzburg-Stuttgart. 302 Seiten. Preis 98 S.

Werbung
Werbung
Werbung

Vielleicht hätte Erhard Buschbeck, dieser zurückhaltend-bescheidene Österreicher und Gentleman, den Titel „Dichter“ für sich abgelehnt, und auch Carl Zuckmayer spricht in seinem warmherzigen Vorwort, das diese reichhaltige Sammlung einleitet, von Erhard Buschbeck als von einem „Dichter ohne Worte“. Aber so problematisch für Buschbeck die „Wortwerdung“ war (vergleiche hierzu seinen Essay in Nr. 35/1962 der „Furche“): er hat ein Werk hinterlassen, das sehr wohl den Vergleich mit vielem Zeitgenössischen, das ästimiert und rezensiert wird, aufnehmen kann. Es gibt sehr reizvolle Gedichte von Buschbeck, von denen der vorliegende Band nur vier enthält, aber in der Anthologie „Die Botschaft“ von 1920 sind andere erschienen, und im Nachlaß finden sich noch viele unveröffentlichte Strophen.

Vor allem jedoch war Buschbeck ein Prosaist von hohen Graden, mit einer seltenen Kultur der Sprache, die präzis und lyrisch zugleich ist. Seine dichterische Prosa (Erinnerungen, Erzählungen, Novellen) ist zum großen Teil aus reichen und glücklichen Kindheitserinnerungen gespeist, d;e er seiner JJeimarstaih .Safeburg verdankt: damals noch keine europäische Festspielmetropole und keineswegs Fremdenverkehrszentrum. Es ist jenes idyllischverträumte Salzburg, dessen düsteren, hintergründigen Aspekt wir in den Gedichten Georg Trakls finden — und das uns bei Buschbeck seine ländlich-freundliche Seite zeigt. „Die Dampftramway“, 1946 in einem Wiener Verlag erschienen, und die in diesen Band aufgenommenen Jugenderinnerungen bezeugen es, während „Die Nußbaumjause“ schon sehr deutliche novellistische Züge erkennen läßt. —

Uber allem anderen, was Buschbeck war und seinen Freunden bedeutet hat, sollte diese Seite seiner reichen Natur nicht vergessen werden. Buschbecks Eigenständigkeit und Originalität erweist sich unter anderem auch darin, daß er, der Vielbelesene, der Freund und Vertraute vieler bedeutender und faszinierender Dichter,eigentlich von niemandem literarisch beeinflußt worden ist.

Den „anderen Buschbeck“ einem österreichischen Publikum vorzustellen, ist wohl kaum nötig: den guten Geist des Burgtheaters, das — wie es Lotte von To-bisch, die verdienstvolle Herausgeberin des Nachlasses, in ihrem kurzen Nachwort formuliert — „mit Erhard Buschbeck eine ganze Epoche seiner Geschichte begraben hat, die in den letzten Kaisertagen 1918 begann und auf seinen Schultern bis in unsere Tage herübergetragen wurde“: den verständnisvollen Förderer und Berater ungezählter Autoren und Schauspieler seines Theaters; schließlich und vor allem: den nächsten Freund Georg Trakls. Es ist, neben einigen anderen Männern, das literarische Verdienst Erhard Buschbecks, Georg Trakl, einen der größten Lyriker deutscher Sprache, diesen schwierigen, verdüsterten und hilfsbedürftigen Menschen (der, wenn man es geradeheraus sagen will, seit seinem siebzehnten, achtzehnten Jahr ein potentieller Selbstmörder war), dem Leben erhalten zu haben ...

Der vorliegende Band, wie ihn eine ver ständnisvoll-liebende Hand angeordnet hat, umfaßt vier Teile: „Jugend in Salzburg“, mit Erinnerungen an Georg Trakl, Theodor Dsubier und .Hermann Bahr; „Mimus 'Aftsniacüs“, mu^Bdträgen über das Burgtheater und seine großen Schauspieler (Mit-terwurzer, Reimers, Kainz, Hugo Thimig, die Medelsky, Heine, die Bleibtreu, Aslan, Werner Krauß, Rosa Albach-Retty sowie über einige Burgtheaterdichter und den Bühnenbildner Alfred Roller); „Bekränzte Hügel“, woraus wir das Hauptstück in den „Literarischen Blättern“ dieser Nummer veröffentlichen; „Aus Buschbecks Korrespondenz“, mit Briefen von Trakl. Georg Grosz, Däubler, Bahr, Zweig, Rilke, Unruh, Musil, Prälat Seipel, Werfel, Friedell und anderen. Der ganze Band aber ist ein österreichisches Vermächtnis, das wir durch wiederholte Abdrucke in der „Furche“ um so mehr pflegen wollen, als der Autor zu seinen Lebzeiten so wenig auf Publizität und Publikation drängte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung