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Eine Gruselschwarte von 600 Seiten

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Der Schauerroman bläht sich auf und nennt sich nun Fantasy: Ein Buch als Beispiel für viele.

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Der Schauerroman bläht sich auf und nennt sich nun Fantasy: Ein Buch als Beispiel für viele.

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Der Schauerroman hatte einmal bescheidne Maße; heut hat er von 500 Seiten aufwärts. Wolfgang Hohlbein bringt es mit dem Fantasy-Boman „Die Bückkehr der Zauberer" auf 621 engbedruckte Seiten.

1908 wurde bekanntlich in Sibirien ein riesiges Gebiet von einem Meteor verheert. Der Autor schlägt eine Zeitfalte auf und läßt das Ereignis erst vor ein paar Wochen nocheinmal stattgefunden haben. Medien, Geheimdienste und Militärs wuseln sogleich fantasievoll durcheinander. Schillernde Theorien werden produziert: Atomunfall, Außerirdische, keltische Götter, Zauberer. Im Troß der Großen tummeln sich Neu- und sonstwie Gierige, ein Wettlauf hehrer und obskurer Interessen setzt ein. Nach mehreren hundert Seiten haben sich endlich ein Held und sein böser Counterpart profiliert, der medial begabte Journalist (Konterfei des Autors?) und der brutale Einzelunternehmer (ein Mafioso aus dem Schrott des KGB). Auch findet sich eine schizophrene Frauensperson, originell aufgespalten in ein Zwillingspaar, wechselweise dümmlich, giftig, schlau und lästig, und als Bindeglied zwischen 1908 und jetzt fungiert ein blinder Tundra-Tei-resias, damals ein kleiner Junge, jetzt ein Greis, der einem leid tut, weil er in diese Geschichte geraten ist.

Wenn die Fantasy nicht weiterkommt, hält Billigzauber her: Gefängnistüren öffnen sich, Polizeiwachtmeister gehen in Flammen auf, ein U-Boot ex machina taucht auf. Der zaubernde Journalist staunt selber, daß der Lift mit seinem Verfolger steckenbleibt, nur weil er sich's so sehnlich wünscht. Es zaubert sich sozusagen von selbst

Hunderte von Leichen fallen an. Feuer vor allem ist die Obsession des Autors, dazu das gewöhnliche Szenario von Verfolgungsjagden, Laserkanonen, Satellitentarnung; alles dick aufgetragen. Brutale Polizeiszenen werden nach Istanbul verlegt, Autobahnstaus finden brav zwischen Düsseldorf und Essen statt.

Man liest, bis zuletzt hoffend auf lesenswertes. Doch jede Chance wird vertan. Im großen Entführungsfall wartet man vergeblich auf Gedanken etwa zum Problem, wo ein Entführter die Grenze ziehen muß zwischen Widerstand und Ergebung, und wie er sie vielleicht verschieben könnte. Endlose Gespräche zwischen Journalist und Scheusal bleiben witzloses Gewitzel. Bleibt dem Pflichtleser nur die Selbstbeobachtung, wie Erwartung umschlägt in Enttäuschung, Arger, zuletzt Nachsicht und Bedauern. Mit 100 Seiten wärs ein guter Schauerschinken, für 600 ist er zu dünn.

DIE RÜCKKEHR DER ZAUBERER

feffi Roman von H'utfgang Ilohlhcin % Weitbrecht Verlag, Stuttgart 1996 I 621 Seiten; geh., öS 295.

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