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Harmonie von Geist und Tat

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Das Linzer Landestheater setzte seinen Ehrgeiz daran, knapp vor Saisonschluß eines der schwierigsten Werke Hindemiths, die Bekenntnisoper „Die Harmonie der Welt“, zur österreichischen Erstaufführung zu bringen. Eine Tat, die Beachtung und Anerkennung verdient. Hinde-mith entwirft, ähnlich wie bei „Mathis der Mater“, in dieser Oper ein Zeitgemälde, in dem Religionszwist, Machtintrigen, Abenteuerlust und Unsicherheit die, entscheidende Rolle spielen. Der große Astronom Johannes Kepler ist die zentrale Figur darin. Dem Mann des Geistes wird der Mann der Tat, Wallenstein, der ebenfalls an das Gesetz der Sterne glaubt und die Harmonie der Welt will, gegenübergestellt. Durch die barocke Himmelsapotheose zum Schluß kommt die Erkenntnis, daß Keplers Suchen erst im Tod seine Lösung findet.

Musikalisch war dem Gesamteindruck nach das Werk auffallend gespalten. Neben Szenen mit dramatischer Wucht oder blühend lyrischer Schönheit gibt es auch Teile mit überwucherter Kontrapunktik, wo die Thematik unkonkret wird und alle Gestalthaftigkeit verliert.. Die lineare Selbständigkeit der Stimmen wird häufig so weit getrieben, daß die inhaltsbestimmende Funktion weitgehend ausgeschaltet ist. Ungeachtet solcher Einschränkungen gebührt Hindemith auch für diese letzte Oper hohe Anerkennung. Das Schlußbild im vielstimmigen Satz mit dem Defilee der Tierkreiszeichen besitzt eine majestätische Größe, die kaum überboten werden kann.

Die Aufführung selbst staxid, obwohl nicht alle Partien wunschgemäß' besetzt werden konnten, auf beachtlicher Höhe. Regie führte ReinTiold Schubert, der trotz des formalen Korsetts viel Lebendigkeit und starke Kontraste herstellte. In geradezu faszinierender Weise wurde er ausstattunsgemäß von Heinz Bruno Gallee unterstützt. Die Solistenibesetzunig entsprach zwar trotz vieler Gäste nicht allen Anforderungen, muß aber für Linz anerkannt werden. Die Wiedeifoegegnung mit Fritz Brambach, der seinerzeit auch In Linz den „Mathis“ sang, bereitete besondere Freude. Sein Kepler besaß Reife in Darstellung und Gesang. Ausgezeichnet auch Walter Geisler als Wallenstein. Das triebdiktierte Handeln der Katherina, der sogar der Hexenprozeß gemacht wird, machte mit großer künstlerischer Individualität Inka Polio glaubhaft. Unter den weiteren vielen Mitwirkenden, die mit einem Pauschaliert) zufrieden sein müssen, fiel nur der dämonische Friedhelm Rosendorff auf. Chor und Orchester hielten sich wacker. Kurt Wöss hat, in der Gesamtheit gesehen, mit dieser Aufführung, die bis ins Detail gründlich vorbereitet war, ein Niveau erreicht, das seinesgleichen sucht. Die Schlußszene wurde für alle Mitwirkenden zum unüberbietbaren Höhepunkt.

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