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Des Teufels Offiziere

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Induktion und Deduktion stehen einander kaum irgendwo so scharf gegenüber wie bei der Frage: Wie stand der deutsche Adel zur NSDAP? Der Augenschein lehrt, daß Hitler, Goebbels und Freißler nicht Schmähungen genug, nicht Richtstätten genug für die „blaublütigen Schweine“ finden konnten. Die dialektisch-materialistische Geschichtswissenschaft lehrt, daß der Nationalsozialismus der Hort der Reaktion, der extremen Rechte war. Unter diesen Umständen ist es lehrreich, die Kriegserannerungen eines Prinzen aus ehemals souveränem Haus zu lesen: eines Mannes, der dem Erben der bayerischen Krone ergeben blieb und der seinem Standesgenossen Stauffenberg nahestand.

Da mag man aus erster Hand die militärische und moralische Lage einer Armee kennenlernen, an deren Spitze „moral insanity“ stand. Über seine Erlebnisse berichtet der Autor in der scherzhaften Art, für die er 4m Freundeskreis bekannt ist.

Es gehört übrigens zum Charakter der besprochenen Zeit, daß neben dem Jammer, dem Grauen, dem Ekel immer auch unmittelbar das einfach

Lächerliche, der bare Unsinn stand. Dazu gehörte nicht zuletzt der nationalsozialistische Organisationswahn; wenn das „Parkdnsonsche Gesetz“ auch in der amerikanischen Armee, auch in der sowjetischen Wirtschaft prächtige Blüten der Überorganisation, des selbstzwecklichen Betriebs, des Initialenftmimels sprossen ließ, dann überschritt all das bei den — ohnedies der Komplikation nicht abgeneigten — Deutschen alles Maß und endete zuweilen mit völliger Selbstlähmung. OKH, OKW, LKW, LSR — es mußten schließlich förmliche Glossare gedruckt werden, und auch dann kannte sich niemand aus. Dies ward zuweilen zum Heil für die Nichtwissenden: wenn der Autor erzählt, wie er sein Überleben den Irrwegen der gegen ihn erlassenen Akten verdankt, dann weiß der Rezensent — und gewiß mancher Leser — von ähnlichen wohltätigen Folgen des totalen Papierkriegs Beispiele aus dem eigenen Bekanntenkreis zu erzählen. Und so wird auch derjenige das Buch mit Verständnis lesen, der das Hoheitszeichen der Wehrmacht nicht selbst tragen mußte.

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