Man begegnet vielen „Leuten“, aber wenigen „Menschen“ — solchen, die in den persönlichen Lebens- und Sympathiebereich passen und Eindrücke hinterlassen.
Reinhold Schneider einmal getroffen zu haben, läßt einen betroffen zurück. Im Haus meiner Freunde van Look (und in den letzten Jahren seines Lebens in Wien) haben wir erregte und leise Gespräche und manches gemeinsame Schweigen miteinander gehabt. Er war immer anders — vor allem anders als sein historisches und dichterisches Werk. Das Werk steht vor ihm und hindert den Blick auf seine Person: nur selten blickten sein Humor und die abgründige Traurigkeit durch die geschriebenen Zeilen.
Diesen Menschen, seine eindrucksvolle Persönlichkeit beschreibt Maria van Look in ihrem Erinnerungsbuch. Biographische Einzelheiten „erhellen“ den Menschen Reinhold Schneider: wie er Nachbar und Gast sein konnte; seine anspruchslose Geselligkeit, die niemals das Fremdsein auf Erden aufgab; der
Schenkende, der Gedichte, Gespräche Apercus, Bücher und Briefe so zu schenken wußte, daß man kaum danksagen konnte; der immer Verantwortliche, der es sich beim Denken, beim Schreiben, bei Begegnungen nicht leicht machte; der Kenner von „Macht und Gnade“, von irdischem Leid des Mächtigen und von der erstaunlichen Uberfülle des Kindseins vor Gott; der „unbequeme“ Zeitgenosse und ebenso unbequeme Bruder in Christo — dies alles hat die Autorin nebeneinander, ineinander, nacheinander aufgezeichnet. Das Ganze ist das Bild eines einsamen, von der Wirklichkeit gequälten und von der Göttlichkeit überschatteten Menschen. Dem Bande sind einige Bilder beigegeben, wie man sonst den Schriftsteller und Dichter nicht kennt; die Kohlezeichnung, die Hans-Günther van Look, Sohn der Autorin des Buches, gemacht hat, rundet die Aufzeichnungen und Erinnerungen ab: hier steht, was die Photographie nicht auszudrücken vermag.
