Der Diener zweier Herren - "Ammmooo-rre“: Unter der Regie von Antonio Latella lassen Beatrice (Lavinia Nowak, links) und Clarice (Irem Gökçen, rechts) dem Liebes-Verwirrspiel freien Lauf. - © Marcel Urlaub / Volkstheater

"Diener zweier Herren" am Wiener Volkstheater: Kein Happy End, nirgends

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Am Wiener Volkstheater inszeniert Antonio Latella Carlo Goldonis berühmte Komödie „Der Diener zweier Herrn“ aus dem Jahr 1745 – mit und über Goldoni hinaus.

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Am Wiener Volkstheater inszeniert Antonio Latella Carlo Goldonis berühmte Komödie „Der Diener zweier Herrn“ aus dem Jahr 1745 – mit und über Goldoni hinaus.

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Im weißen Jabot, grüner Weste und grünem Federbarett tritt der Wirt Brighella (Uwe Schmider) vor den Vorhang. Da er alles weiß, stellt er – Applaus einfordernd – anhand von Tafeln mit dem jeweiligen Konterfei das Personal von Goldonis Dreiakter vor.

Wer ob seiner Kostümierung gedacht hätte, einer historisierenden Aufführung des Klassikers beizuwohnen, wird freilich, wenn der Vorhang sich hebt, eines anderen belehrt. Die Bühne ist nämlich leer. Das Venedig der Handlung wird nur akustisch, allein durch das Gurren der Tauben vergegenwärtigt. Für das, was sich auf der weiten Volkstheaterbühne in nicht ganz drei Stunden entfalten wird, durfte Bühnenbildner Guiseppe Stellato gerade einmal zwei Sänften und ein paar Klappstühle (einer immerhin mit einer Gondel-verzierten Rückenlehne) beisteuern.

Die Kostümbildnerin Simona d’Amico hatte es da besser: Sie hat Kleider im Stil von Goldonis Zeit ersonnen, wobei sie durch Muster und Farbe dazu beiträgt, die Zugehörigkeit der Personen zu ordnen. Das ist auch nötig für Zuschauer(innen), denen die verworrene Geschichte nicht ganz geläufig ist.

Der Beginn ist fröhlich: Es wird nämlich „Ammmooo-rre“ gefeiert, wie Irem Gökçen als Clarice murrt, während sie abwechselnd mit dem Mann ihres Herzens, Silvio (Mario Fuchs), mit Freudensprüngen und unter Anfeuerungsrufen der Väter die Bühne quert. Dass die beiden zusehends außer Atem geraten, ist mehr als Hinweis, dass diesem Paar auf dem Weg zur Hochzeit die Puste ausgehen wird. Silvio wird mit seiner ganzen Männlichkeit kämpfen – was Latella ganz buchstäblich versteht, indem er ihn gefühlt das halbe Stück mit blankem Gemächt herumfuchteln lässt – was auch nicht hilft, zumal Clarice so gar nicht nur auf heteronormative Verbindungen fixiert ist. So irrt ihr Vater Pantalone (Andreas Beck), wenn er zufrieden ruft: „So, das wäre erledigt.“

Dämonisch, tierhaft, derb

Denn jetzt kommen sie! Da ist zunächst der Diener Truffaldino. Das Kostüm mit den geometrischen Rhomben kennzeichnet ihn als Narren – und es scheint, als läge sich der famose Elias Eilinghoff nicht fest im Spiel des Narren. Wie die Figur ist seine Gestaltung eine zwielichtige Angelegenheit, bietet er doch gleich eine ganze Palette von Narrenfiguren an.

Mit seinem Bowler Hut hat er etwas von einem charmanten Gauner, mit dem rastlosen Umherspringen akzentuiert er mal das Koboldhafte, Dämonische, in der Gestik und expressiven Mimik betont er das eher Tierhafte, Derbe um im nächsten Augenblick ganz in Distanz zur Rolle zu gehen. Latella lässt ihn jeweils aus dem Untergrund auftreten, womit auf dessen (ungeklärte) Herkunft – von Harlekin als dem „Höllenkönig“ – angespielt wird. Er zieht die Fäden, sodass sich die anderen Figuren manchmal wie besessen synchron zu ihm bewegen.

Und da ist Beatrice (Lavinia Nowak), die Frau in den Männerkleidern ihres verstorbenen Bruders, dem eigentlich die Ehe mit Clarice versprochen worden war. Sie ist Herr von Truffaldino und auf der Suche nach ihrem Geliebten Florindo (Birgit Unterweger). Dieser wird der andere Herr des Dieners, womit das große Durcheinander erst so richtig Fahrt aufnimmt.

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