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Aktivitäten anderer Art

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Vom 3. bis 13. Oktober feiert das WUK - das Wiener Zentrum für Kultur- und Gesellschaftspolitik der anderen Art schlechthin -seinen zehnten Geburtstag.

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Vom 3. bis 13. Oktober feiert das WUK - das Wiener Zentrum für Kultur- und Gesellschaftspolitik der anderen Art schlechthin -seinen zehnten Geburtstag.

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Vielen ist es - zumindest von außen

- nicht unbekannt, das Wiener WUK

— Werkstätten und Kulturhaus, ein roter Backsteinbau im 9. Wiener Gemeindebezirk, typisch für die Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts. Lokomotiven haf man damals erzeugt. Danach war das Technische Museum dort beheimatet und schl ieß-lich bis Ende der siebziger Jahre das TGM, eine technische Ausbildungs-antalt. 1981 hat dann der „Verein zur Schaffung offener Werkstätten- und Kulturhäuser" den Bau zu seiner Heimstätte auserkoren.

Geprägt vom Geist einer neuen Jugendkultur (Stichwort Arena und Gassergasse) wollte man der etablierten Hochkultur etwas entgegenhalten: die Idee von Kultur, die sich nicht in Theatern und Konzertsälen einsperren läßt, sondern in einem viel umfassenderen Sinn einfach produktive

Äußerung von Leben und Entwicklung ist.

Eine „schleichende Besetzung" nennt Pressesprecherin Sabine Sche-brak die Art, wie sich der Verein das Gebäude Schritt für Schritt erobert hat, „auf Wiener Art und Weise", wie sie sagt. Eines Tages gab jemand aus dem Bautenministerium den Schlüssel an Architekturstudentinnen weiter, die dort im Rahmen ihrer Ausbildung zu tun hatten. Diese ließen dann einfach die Türen offen, sodaß sich verschiedene Gruppen und Initiativen ansiedeln konnten. Gestört hat das offenbar niemanden und so gingen die jungen Leute daran, den Bau zu renovieren und die Räume nutzbar zu machen, als Werkstätten, Proberäume. In Eigenregie.

Der damalige Kulturstadtrat Helmut Zilk war übrigens „einer der Urunterstützer", erzählt Schebrak, er habe für die erste Million an Subventionsgeldern persönlich gebürgt und bei einem seiner Besuche im WUK auch selbst Hand angelegt: ein Fenster hat er geputzt. Wohl um zu zeigen, daß Sauberkeit auch bei solchen Initiativen nicht schadet.

Mittlerweile ist aus dem „soziokul-turellen Experiment" eine Art alternatives Prestigeprojekt geworden, das eigentlich allerorts anerkannt ist.

Nicht zu unrecht, denn im WUK geht was weiter, und zwar auf ganz unterschiedlichen Gebieten. Da ist zunächst einmal die kulturelle Tätigkeit mit ihren Werkstätten und Veranstaltungen. Daneben gibt es aber auch noch einen anderen Tätigkeitsschwerpunkt, der vielleicht in der breiten Öffentlichkeit nicht so bekannt ist. Soziales und Initiativen nennt sich dieser Bereich, zu dem die vier Kindergruppen und die zwei Altemativschulen (Volks- und Hauptschule) genauso gehören, wie die zwei Seniorengruppen, Projekte für arbeitslose Jugendliche, Dritte-Welt-Arbeitskreise und so weiter.

Insgesamt sind 130 Gruppen im WUK beheimatet, das bedeutet einen Zustrom von 500 bis 700 Leuten pro Tag. Leute aus ganz unterschiedlichen Altersgruppen („man kann hier mit drei anfangen und dabeibleiben bis über 80", meint Schebrak) die allerdings eins gemeinsam haben: sie sind allesamt keine Menschen, die fad herumsitzen, sondern die etwas machen wollen, etwas anderes meistens als das „ganz Normale". Und das scheint eine gemeinsame Basis zu sein, auf der sich Leute, die (auch innerhalb des WUK) nicht viel miteinander zu tun haben, immer wieder treffen. So spielte etwa das Orchester der „Aktiv-Senioren" beim Eröffnungsfest Wiener Operettenmusik. Das Geburtstagsprogramm bietet eine große Bandbreite an Veranstaltungen: Konzerte, Ausstellungen und Installationen sowie Workshops, die Einblick in die Tätigkeiten der Werkstätten bieten sollen. Am 12.10. steigt um 15 Uhr ein Kinderfest.

Die ersten zehn Jahre hat das WUK also glücklich überstanden, obwohl es oft turbulent zugegangen ist: 1983 wurde es von den Punks aus der Gassergasse besetzt, 1988 von den Leuten aus dem geräumten Haus in der Ägidigasse. Auch dazwischen hat es oft Differenzen gegeben, interne, wenn beispielsweise Kulturleute nicht mit Sozialleuten reden konnten und umgekehrt. Aber: „Jetzt bewegen sich alle wieder aufeinander zu", erklärt die Pressesprecherin. Gerade die richtige Stimmung, um miteinander ein Fest zu feiern...

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