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Das Frauenregiment

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In Rumänien hat es großes Aufsehen erregt, daß die Gattin des rumänischen Staats-, Partei- und Armee-chets, Nicolai Ceausescu, unerwartet als Vollmitglied des Parteiexekutivkomitees „gewählt“ wurde. Der Einzug der Elena Ceausescu in das höchste Führungsgremium wird in Bukarest als eine „dramatische Wendung“ bezeichnet, die für eine ganze politische Entwicklung charakteristisch ist. Die Frau des Parteichefs ist nämlich nicht die einzige Frau, der in der letzten Zeit wichtige politische Rollen und Einfluß zugeschanzt wurde: seit Anfang 1972 wurden nicht weniger als 31.670 Frauen in die KP aufgenommen. Diese Zahl macht 29,58 Prozent aller Neuaufnahmen aus.

Dem alten General und Rußlandemigranten Emil Bodnaras fiel die Rolle zu, den „Vorschlag“ zur Aufnahme von Elena Ceausescu als Vollmitglied in das Exekutivkomitee vorzubringen.

Schon im Juli 1972 hatte die Nationale Parteikonferenz Elena in das Zentralkomitee berufen, gleichzeitig die Brüder und die Schwäger Ceau-sescus in wichtige Positionen hinaufgeschleudert. Frau Elena spielte eine immer wichtigere Rolle in den vergangenen Monaten, sowohl während wichtiger Staatsbesuche ihres Gatten im Ausland als auch während der Plenarsession des Zentralkomitees in Bukarest. Sie soll, was ihre politischen Ansichten anbelangt, eine „Maois'cin“ sein — was auch 1971, als sie mit ihrem Mann China besuchte, zum Vorschein kam. Ihr werden außerdem „albanische Praktiken“ in Bukarest nachgesagt.

Elenas Hauptrolle auf der Bukarester Bühne ist ein Symptom für einen von Ceausescu inszenierten Trend. Er ist der Ansicht, daß die Frauen in der Partei, im wirtschaftlichen und sozialen Leben Rumäniens mehr zum Wort kommen sollen. Der Einfluß der Rumäninnen soll im öffentlichen Leben erhöht werden.

Seine Kritiker sprechen von einem „Manöver“, dessen Ziel sein soll, mehr Unterstützung in der Bevölkerung, vor allem durch die emotionelleren Frauen, für die gegenwärtige Führung des Landes zu erhalten. Ceausescus Frauenregiment soll in der „vordersten Kampflinie“ kämpfen und als Kommandeusen dieses Frauenregiments sollen vier prominente Genossinnen dienen, die unlängst anläßlich des Juni-Plenums auf wichtige Kommandoposten gestellt worden sind.

Lina Ciobanu, die Erste Parteisekretärin des Parteikomitees im zweiten Bukarester Stadtbezirk, wurde Mitglied des Exekutivkomitees — so wie Elena Ceausescu. Die Präsidentin des Gewerkschafts-bundes der 'Leichtindustrie, -Magdalena Filipas, und die Präsidentin des Frauenkomitees im Komitat Cluj, Aurelia Danila, wurden als Vollmitglieder des Zentralkomitees und Alternativmitglieder des Exekutivkomitees gewählt. Magdalena Filipas war schon früher Alternativmitglied des ZK.

Elena Ceausescu, Lina Ciobanu, Magdalena Filipas und Aurelia Danila sind die erstn, aber bestimmt nicht die letzten Frauenmitglieder des mächtigen Exekutivkomitees. Und es wird angenommen, daß Elena Ceausescu in absehbarer Zeit am Parteihimmel noch höher steigen wird und im ständigen Präsidium europa

Die Journalistin und Vertraute Ceaucescus, Olivia Clatici, ließ in der Nummer 9 der „Era Socialista“ einen Luftballon zum Versuch steigen: sie verlangte, daß auch Kabinettsposten an Frauen offeriert werden sollen.

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