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Versuchung und Rückfall

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In kaum einem zweiten Land Kontinentaleuropas verfügen die Katholiken über ein so fundiertes Selbstverständnis wie in Österreich — auf der Ebene der Theorie. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat, zwischen kirchlichen und politischen Gliederungen ist theoretisch voll und ganz geklärt. Es gibt keinen ernstzunehmenden Politiker, der nicht betont, wie sehr das Ende aller Monopolansprüche und der Identifizierung von Kirche und

(christlichsozialer) Partei zu begrüßen ist.

Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Da werden Katholiken der politischen Naivität geziehen, die ein öffentliches Gespräch mit Vertretern der Sozialistischen Partei führen und dabei zwar sehr kluge und schöne, aber keineswegs neue Erkenntnisse vorbringen. Sie werden deshalb zu Naiven gestempelt, weil die Interessen der Volkspartei einer Intensivierung dieses Gespräches entgegenstehen. Und da werden von sozialistischer Seite immer wieder Versuche gemacht, päpstliche Enzykliken und bischöfliche Hirtenschreiben als sozialistisches Gedankengut für die SPÖ zu reklamieren. Auch hier ist das Motiv, sich in irgendeiner Form als die letztlich doch ..christlichere“ Partei zu offerieren. Aber nicht nur die Parteien unterliegen der Versuchung, ihre Politik in ..christlicher“ Verpackung am den Mann zu bringen. Auch der Klerus nei.st oft dazu, das Ansehen der K'rehe für eine Politik aus dem Hintererund auszunützen.

„Die Glaubwürdigkeit eines Politikers wird immer durch seine Politik bestimmt“ (Kardinal Könie) und nicht durch eine bestimme Etikette. Der Pluralismus der österreichischen Katholiken auf politischem Gebiet, die Bejahung der Vielzahl politischer Meinungen auch und gerade unter Katholiken, muß endlich energisch von der Theorie in die Praxis übersetzt werden. Denn Pluralismus ist

letzten Endes ein Prinzip des konkreten Lebens.

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