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Ein konservativer Reformgeist“

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Einen „ebenso echten Konservativen wie kühnen Reformgeist“ hat Otto Mauer einmal seinen Freund Karl Strobl genannt. Vielleicht würde er heute zögern, zwei Worte, die inzwischen so abgegriffen, so mißverständlich geworden sind, zur Charakterisierung dieses Mannes zu verwenden - die Gültigkeit des doppelten Begriffes in seinem ursprünglichen Sinn bleibt aufrecht, und wenn die Contradictio in Wahrheit weniger absolut ist als im Rhetorischen, so wird die Anwendbarkeit auf den Jubilar dadurch nur noch unmittelbarer. Denn in der Person und Persönlichkeit dieses Kanonikus vereint sich vieles, das man üblicherweise als gegensätzlich zu bezeichnen geneigt ist: die Prägung durch bäuerliche Herkunft und der intellektuelle Denkstil vor allem; die Bodenständigkeit und die internationale Offenheit (man denke an die Einbindung der von ihm gegründeten Katholischen Hochschuljugend in die Pax Romana 1947 und an sein Wirken im Afro-Asiatischen Institut); die Fähigkeit, mit akademischen Individualisten umzugehen (er ist Geistlicher Assistent des Akademikerverbandes Wien) und anonyme Rundfunkhörer zu Zehntausenden anzusprechen (die ORF-Kollegien „Wozu glauben?“ und „Wem glauben?“, nach seinen Textbüchern gestaltet, waren ein spektakulärer Medienerfolg); die Gabe auch, Vergangenes (etwa die Tage der um ihn versammelten Hochschülergemeinde in den Tagen des geistigen Widerstandes vor 1945) bewußt zu erhalten und doch nie retrospektiv ausgerichtet zu sein.

Seine eigene Bescheidenheit macht es schwer, die Bedeutsamkeit seines Wirkens - er wird immer nur von Mitwirken sprechen - bei einer Fülle von Initiativen zu erkunden.Studentenmissionen, die Mensa, die Studentenzeitschrift und das Studententheater, die Anstöße zur -auch geistigen - Neugestaltung von Sakralräumen, das Studienförderungswerk „Pro scientia“, der geistige Rahmen von Synoden und Katholikentag sind da zu nennen.

Um den Studentenseelsorger Strobl haben sich in den schweren Zeiten ab 1938 junge Menschen geschart, die er lehrte, die innere Freiheit zum Glauben nicht zu verlieren. Sie erfuhren von ihm und mit ihm -wie so viele andere nachher - auch, daß Freiheit für den Katholiken nur gelebt werden kann im „sentire cum ecclesia“.

Denkt man nun, zu seinem 70. Geburtstag, an all das Große und Gute, das der Seelsorger Strobl getan hat, so darf auch das priesterliche Leid nicht übersehen werden, das er zu tragen hatte - vor allem zu Ende seines Wirkens als Hochschulseelsorger. Er ist nie in die Resignation geflüchtet. Der Bauernsohn und Intellektuelle weiß um seine Aufgabe im großen Weinberg.

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