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Erinnerungen an „Dr. Raum”

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„Dr. Raum” hatten ihn seine Wiener Kollegen genannt, als er hier zu Anfang unseres Jahrhunderts bei Schmutzer an der Akademie studierte, als er hier Otto Wagner, Josef Hoffmann und Adolf Loos begegnete und sich von deren konsequenten Architektur- und Städtebauideen inspirieren ließ. Als „Dr. Raum” ist Frederick Kiesler, 1890 in Wien geboren, denn auch in die Geschichte der Architektur eingegangen und als einer der Österreicher, die in den USA — wie Loos, Schindler, Plinschke, Neutra, Bayer — die wesentlichsten Anregungen für ein neues Bauen erhielten.

Nun zeigt die Galerie nächst Sankt Stephan eine Gedenkausstellung für den 1965 in New York verstorbenen Architekten Kiesler, der sich auch als Bühnenbildner, Designer, Plastiker, ja Maler einen Namen gemacht hat und unter den theoretischen Architekturutopisten einer der eigenwilligsten war: Ideen wie die des „endlosen Raums” oder einer Architektur, die in den „Galaxien” ihre übergeordnete Dimension hat, waren seine „Liebkinder”, mit denen er sich immer wieder in seinen experimentellen Projekten beschäftigte.

Daß Kiesler von Anfang an ein Künstler mit außerordentlichem Qualitätsgespür war, zeigt übi-igens ein zur Ausstellung neu herausgebrachtes Programmheft von 1924: Kiesler war damals Gestalter der Ausstellung neuer Theatertechnik im Rahmen des „Musik- und Theaterfestes der Stadt Wien”. Und was er dazu vorschlug, n^ch Wien einlud und hier im Mozart-Saal präsentierte, hat sich in der Folge als Elite der Kunst erwiesen. So finden wir in diesem Programmheft angeführt: Georg Grosz, Mayerhold, Oskar Schlemmer, Moholy-Nagy; Fernand Leger war da und der größte Dadaist Kurt Schwitters und viele andere. (Im Grunde grenzt es ans Peinliche, wenn man das kühne Programm von 1924 mit der geistigen Bescheidenheit unserer Festwochen vergleicht!)

Freund der großen Künstler zu Sein, hat Kieslers Leben überhaupt bestimmt: Er galt als lebendiges Stück New York, als einer der ersten tatkräftigen Förderer der Pop-Art, vor allem Rauschenbergs, als Freund Warhols usw. Und er war einer der eigenwilligsten Architekten, der so kühne Bauten wie den „Schrein des Buches” in Jerusalem schuf.

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