ORF-Generaldirektorwahl: Unerträgliches Ritual
Peter Plaikner über die Wahl des ORF-Generaldirektors als schamloses Machtspiel von Parteien.
Peter Plaikner über die Wahl des ORF-Generaldirektors als schamloses Machtspiel von Parteien.
Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen. Dieses Karl Valentin zugeschriebene Zitat gilt auch für die Wahl zum ORF-General. Dieses Ritual is zwar alle fünf Jahre ähnlich unerträglich, doch die öffentliche Vielstimmigkeit war noch nie so intensiv wie heute. Der größere Chor schafft aber nicht mehr Variationen: Journalisten, Berater, Meinungsmacher, Medienkritiker, Wissenschaftler und Branchenkenner verurteilen, mit welch schamloser Parteimacht eine der demokratiepolitisch wichtigsten Positionen vergeben wird. Da die ÖVP diesmal alle Trümpfe in der Hand hat, reicht das Spektrum von Schaum vorm Mund bei der Linken und Kehrtwendungen am rechten Rand bis zu himmelschreiendem Schweigen in Grün und einem pinken Generalangriff.
Wenn sogar treueste Gefolgsleute der Türkisen bloß darauf verweisen, dass es früher nicht besser war, ist das der Offenbarungseid einer Partei, die 2019 plakatierte: „Unser Weg hat erst begonnen“. Sie hat noch nicht einmal die Flachetappe eines neuen Gesetzes bewältigt. Also wird der ORF bis 2027 von jemandem geführt, der ohne andere Medienerfahrung ist. Nur vier interne Kandidaten (von 14) haben Chancen. Nicht wegen ihrer überragenden Kompetenz, sondern weil der wichtigste Medienjob Österreichs für die besten Medienmacher im Inund Ausland völlig unattraktiv ist. Denn das Auswahlkriterium ist parteipolitisches „Gutzu-Gesicht-Stehen“ und der Handlungsspielraum ein betriebsschädigend überaltertes Gesetz. Um diesen Missstand zu ändern, braucht es staatstragende Medienpolitik (ein frommer Wunsch) oder den Aufstand des Publikums (ein leerer Wahn). Seine demokratische Sensibilität ist so abgestumpft, dass es nicht erkennt, dass alle sagen müssen, was schon alles gesagt worden ist. Erst dann hört es die Politik.
Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.
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