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Zwiespältiges Steirerland

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Wir Steirer leben einen Zwiespalt der besonderen Art. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der eine Sachverhalt vielen unbewußt ist, der andere von manchen bewußt totgeschwiegen wird.

Gemäß der Landeshymne erstreckt sich das Heimatland Steiermark vom Dachstein bis zur Save und vom Alptal der Mürz bis ins Rebenland an der Drau. Macht man sich diese Grenzziehung bewußt, wird man plötzlich gewahr, daß auch die Untersteiermark als Teil der Steiermark besungen wird. 1844, als Jakob Dirnböck den Text der Hymne verfaßt hat, entsprach dies der Realität, heute ist der Text ein Anachronismus.

Save und Drau durchfließen seit dem Untergang der Monarchie nicht mehr die Steiermark. Die Untersteiermark ist heute Teil Sloweniens. Es wäre hoch an der Zeit, dieser Realität auch in der Landeshymne Rechnung zu tragen. Staatssymbole sollen identitätsstif-tend sein. Schwebt uns eine vergangene Identität vor? Staatssymbole sollen dem Völkerrecht entsprechen. Erheben wir Gebietsansprüche? Staatssymbole dürfen den Grundsätzen transnationaler Politik nicht widersprechen. Denken wir nachbarschaftsfeindlich, nationalistisch und antieuropäisch?

Es gibt viel Kreativität in der Steiermark. Ich schlage einen öffentlichen Wettbewerb vor, aus dem Text und Musik einer neuen Landeshymne hervorgehen, die besser als die alte der Gegenwart und der Zukunft Rechnung trägt.

In der heutigen Steiermark leben Angehörige der slowenischen Volksgruppe. Auch wenn diese Volksgruppe durch langjährige, auch heute noch feststellbare, bewußte Assimilierungspolitik fast verschwunden ist, gibt es sie noch. In Zeiten der europäischen Integration sollten wir uns wieder ihrer besinnen und alles unternehmen, daß sie wachsen und aufblühen kann. Ein wichtiger Schritt auf diesem Wege wäre die vollberechtigte Aufnahme von Vertretern/Innen der steirischen Slowenen in den slowenischen Volksgruppenbeirat. Die Landesregierung möge sich ein steiri-sches Herz nehmen und diesbezügliche Signale aussenden. Es wäre ein Beitrag zu einem echten Miteinander. Der Autor ist Jus-Professor und Klubobmann der Liberalen im Steirischen Landtag.

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