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Unaufhaltsam steigt das Meer

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Und sie bewegt sich doch!” beteuerte Galileo Galilei, als ihm die amtskirchliche Glaubensverwaltung einzureden versuchte, die Erde stehe still und die Sonne umwandere sie. Jetzt versuchen die Anwälte des vorjährigen Kirchenvolks-Begehrens, gleiches von der heutigen Kirche zu beweisen. Der Weg ist für die Kirchenvolks-Begehrer steinig geworden. Der Elan der halben Million Unterzeichner zeigt unverkennbare Abnützungserscheinungen. Andererseits drängt der harte Kern der Beformer darauf, daß mehr als bisher geschieht.

Der kommende Sonntag wird zeigen, ob die von der Plattform „Wir sind Kirche” nach Linz einberufene Kirchenvolks-Versamm-lung als Auftrag für forciertes Handeln gedeutet werden kann. Der gemaßregelte französische Bandgruppen-Bischof Jacques Gaillot wurde als Veranstaltungsmagnet gewonnen. Ein „Herdenbrief” zum Thema Liebe-Eros-Sexualität macht Appetit auf weitere Dialogbeiträge der „Lämmer” gegenüber ihren Hirten.

Es ist auch daran gedacht, einmal einen „Herdenbrief” nur von Frauen schreiben zu lassen. Wer das schockierend findet, bedenke, daß uns 2000 Jahre lang nur Männer ihre Hirtenbriefe geschrieben haben. Auch die Absicht ist zu begrüßen, daß Namen und Adressen von Frauen gesammelt werden, die bereit wären, sich zu Diakoninnen oder Priesterinnen weihen zu lassen, damit programmatische Forderungen „ein Gesicht bekommen”.

Es stimmt nicht, daß dje Bischöfe seit dem Vorjahr im wesentlichen nur einschläfernde Worte von sich gegeben, aber nichts getan haben. In vielen Diözesen wurden Impulse gesetzt - gesamtösterreichisch mit der „Wallfahrt der Vielfalt” auch. Einige Bischöfe sind sogar schon in Born vorstellig geworden. Und das wäre demnächst das Allerschönste: ein Hirtenbrief an die Adresse des Ober-hirten im Vatikan!

Er wird kommen, wenn die Beformer am Ball bleiben - geduldig, liebevoll, aber bestimmt und in der Gewißheit, daß Bischof Gaillot recht hat: „Wenn das Meer steigt, läßt es sich nicht aufhalten.”

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