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Iberische Agrarreform?

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Thomas Allende y Garcia-Baxter, seit 1969 spanischer Landwirtschaftsminister, hat sich eine Aufgabe gestellt, die einer der Gründe für das Scheitern der Republik und eines der — allerdings nie erfüllten — Ziele der Falange war: die Agrarreform. Bereits in seinem Antrittsjahr erklärte er, die beiden Hauptprobleme der spanischen Landwirtschaft seien das niedrige Lebensniveau der Landbevölkerung, verglichen mit dem der Städter, und das fehlende Produktionsgleichgewicht innerhalb der verschiedenen Agrarzonen des Landes.

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Thomas Allende y Garcia-Baxter, seit 1969 spanischer Landwirtschaftsminister, hat sich eine Aufgabe gestellt, die einer der Gründe für das Scheitern der Republik und eines der — allerdings nie erfüllten — Ziele der Falange war: die Agrarreform. Bereits in seinem Antrittsjahr erklärte er, die beiden Hauptprobleme der spanischen Landwirtschaft seien das niedrige Lebensniveau der Landbevölkerung, verglichen mit dem der Städter, und das fehlende Produktionsgleichgewicht innerhalb der verschiedenen Agrarzonen des Landes.

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Der Minister, selbst Gutsbesitzer in der Provinz Guadalajara, will nun innerhalb von fünf Jahren das Durchschnittseinkommen der Landbevölkerung erhöhen, die Produktion ankurbeln und die Landwirtschaft modernisieren. Eine Agrarreform recht eigener Art also, die mit der allgemein darunter verstandenen Landverteilung wenig gemeinsam hat.

Ein Zonenplan

Der Gesetzentwurf über die Agrarreform, der kürzlich im spanischen Parlamentsanzeiger veröffentlicht wurde, berücksichtigt die Verschiedenheit der landwirtschaftlichen Zonen Spaniens. In seiner Präambel heißt es, die soziale Funktion des Eigentums erfordere, „daß der Boden in jedem Einzelfalle die Bestimmung und Verwendung erhält, die am besten mit seiner Art und Beschaffenheit übereinstimmt, um die Notwendigkeiten der Kollektivität zu erfüllen”. Das würde heißen, daß der Boden nicht nur bestmöglich ausgenützt, sondern daß das Interesse der Einzelperson dem der Gemeinschaft untergeordnet werden soll.

Zu diesem Zweck sollen von einem noch zu schaffenden „Nationalen Institut für landwirtschaftliche Entwicklung und Reform” nach Zonen bzw. Landstrichen gegliederte Pläne ausgearbeitet werden. In wirtschaft lich benachteiligten Gebieten mit Fehlem der ökonomischen, sozialen oder technischen Struktur und in denen vor allem der Großgrundbesitz vorherrscht, können sich die Betroffenen freiwillig mit der Regierung auf einen Verbesserungsplan einigen und hierfür die erforderlichen Kredite erhalten. Andernfalls steht der Regierung das Recht zu, einen zwangsweise auszuführenden Verbesserungsplan auszuarbeiten. Kommt der Eigentümer oder Pächter dieser offiziellen Auflage nicht nach, kann er mit einer Geldstrafe bis zu 200 Prozent des Werts der auferlegten Verbesserungsarbeiten belegt werden. Mehr noch: Er kann zwangsweise enteignet oder sein Grundbesitz kann zwangsweise verpachtet werden. Findet sich innerhalb einer entsprechenden Zeit kein Käufer oder Pächter, kann der Staat eine öffentliche Versteigerung durchführen oder die Bewirtschaftung des Gutes einem staatseigenen Unternehmen überlassen.

Bei einer Enteignung wird nur jener Preis in Betracht gezogen, der im Grundbuch eingetragen ist sowie der mit vier Prozent kapitalisierte Ertrag des Grundstücks in den fünf

Jahren vor Inkrafttreten des Verbesserungsplans und der Wert der eventuell während der Laufzeit des Plans durchgeführten Verbesserungsarbeiten. Großgrundbesitzer, die hoffen, durch die Agrarreform ihre vernachlässigten Ländereien mit Gewinn zu veräußern, mögen sich also enttäuscht sehen, obwohl sich Hintertüren finden könnten. Vorausgesetzt selbstverständlich, daß der Gesetzentwurf in seiner derzeitigen Form überhaupt die Hürden der Debatten im Parlamentsausschuß und der Verabschiedung durch das Parlament nehmen kann. Bisher jedenfalls ist in Spanien noch keine Agrarreform durchgeführt worden, weil sie am Widerstand der das Establishment mittragenden Latifundienbesitzer gescheitert ist.

Doch selbst, wenn es dem energischen Landwirtschaftsminister gelingen sollte, seinen ehrgeizigen Plan ohne Umfunktionierungen durchzudrücken, wäre damit noch lange nicht die endgültige Lösung für die spanische Landwirtschaft gefunden. Ihr zweites Hauptproblem, die unergiebigen Minifundien, die vor allem im spanischen Norden vorherrschen, bliebe in dieser Agrarreform unberücksichtigt, vorausgesetzt, daß sich das Gesetz nicht überhaupt da und dort gegen sie wendet.

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