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... für den Journalisten; wer zuerst eine Sensation erfährt und sie druckt, der macht das Rennen.

Stand da kürzlich (gemeint ist der 11. November 1966) in der zweiten Ausgabe eines Wiener Boulevardblattes zu lesen, daß an diesem Tage ein „überraschender kirchlicher Besuch“ erfolge: Patriarch Athenagoras von Konstantinopel „solle“ in Wien eintreffen. An die Meldung waren hochpolitische und kirchenpolitische Folgerungen geknüpft.

Soweit die sensationelle Nachricht

— eine fette Zeitungsente. Wie war sie zustande gekommen? Die Stiftung „Pro Oriente“, die sich um den Dialog mit dem christlichen Osten bemüht, hielt in Wien, wie schon im Vorjahr, ein ' sogenanntes „ökumenisches

Symposion“ ab, bei dem auch zwei hohe geistliche Würdenträger sprachen, Kardinal König und der griechisch-orthodoxe Metropolit von Großbritannien, Athenagoras.

Der Lokalredakteur des erwähnten Blattes hatte nun offenbar etwas von der Sache läuten gehört: der Name „Athenagoras“ ließ ihn aufhorchen. Darum hieß es offenbar auch in der zitierten Meldung: „Heute soll in Wien Patriarch Athenagoras aus Konstantinopel eintreffen.“ — Daß es in der griechisch-orthodoxen Kirche auch einen Metropoliten gleichen Namens gibt, das zu wissen wäre freilich von dem guten Redakteur, der in kirchlichen Belangen sonst nicht allzu bewandert sein dürfte, viel verlangt — aber in diesem Falle doch wohl notwendig gewesen. Aber das kostet bekanntlich Zeit, und die darf der Redakteur eines Sensationsblattes natürlich nicht verlieren. Darum geht es ja auch so. Wenn sich eine Meldung auch nachträglich als unrichtig herausstellt — Hauptsache, die sensationsgierigen Leser fressen es.

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