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Theologischer Dialog kann beginnen

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Neun Jahrhunderte nach ihrer tragischen Trennung finden Ost- und Westkirche wieder zusammen. Noch in diesem Jahr soll der offizielle Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxen aufgenommen werden, heißt es übereinstimmend in Rom und Istanbul. Papst Johannes Paul II. erhofft sich von ihm eine Überwindung der Schwierigkeiten, die „der Eucharistiegemeinschaft und der vollen Einheit im Wege stehen“. Die Wiener Stiftung „pro Oriente“ und die „Regensburger ökumenischen Symposien“ haben in den vergangenen Jahren auf dieses Ziel hingearbeitet.

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Neun Jahrhunderte nach ihrer tragischen Trennung finden Ost- und Westkirche wieder zusammen. Noch in diesem Jahr soll der offizielle Dialog zwischen Katholiken und Orthodoxen aufgenommen werden, heißt es übereinstimmend in Rom und Istanbul. Papst Johannes Paul II. erhofft sich von ihm eine Überwindung der Schwierigkeiten, die „der Eucharistiegemeinschaft und der vollen Einheit im Wege stehen“. Die Wiener Stiftung „pro Oriente“ und die „Regensburger ökumenischen Symposien“ haben in den vergangenen Jahren auf dieses Ziel hingearbeitet.

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Die orthodoxen Kirchen haben 1964 bei ihrer dritten Konferenz beschlossen, keinen bilateralen theologischen Dialog einzelner Kirchen mit der katholischen Kirche zu führen. Patriarch Athena-goras hatte damals als psychologische Vorbereitung für theologische Gespräche den „Dialog der Liebe“ angekündigt.

Unter den vielen Ereignissen seither ist wohl die Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikationen von 1054 hervorzuheben, die die stärksten Auswirkungen hatte. Neben solchen spektakulären Ereignissen ließ man die Zeit jedoch nicht ungenützt verstreichen. Zu lange hatte man sich auseinandergelebt.

Schließlich war auch eine Phase des gegenseitigen Kennenlernens notwendig, damit sich dieser „Dialog der Liebe“ entfalten konnte. Eine rege Besuchstätigkeit führte zu vielen neuen Kontakten. Auf Wiener Boden konnte insbesondere die Stiftung „pro Oriente“ wertvolle Verbindungen herstellen, die bis 1974, zehn Jahre nach Rhodos, so weit gediehen waren, daß sämtliche autokephalen Kirchen ihre Vertreter zu einer inoffiziellen Konferenz nach Wien sandten. Bei dieser Gelegenheit konnte getestet werden, wie nahe man bereits dem theologischen Dialog stand.

Daraufhin wurde vor zwei Jahren eine katholische und eine panorthodoxe Vorbereitungskommission ins Leben gerufen. Der Patriarch von Konstantinopel hatte alle autokephalen Kirchen gebeten, ihre Zustimmung -zu dieser Kommission zu geben.

Am 1. April dieses Jahres, anläßlich des Besuches einer Delegation von „pro Oriente“ unter der Führung von Kardinal Franz König und des griechischen Metropoliten von „Au-stria“, Chrisostomos Tsiter, gab Metropolit Meliton von Kalkedon, der zweite Mann des Patriarchates von Konstantinopel, offiziell bekannt, daß nun der theologische Dialog beginnen könne. Die zwölf eigenständigen orthodoxen Kirchen büden eine multilaterale Delegation. Man erwartet noch heuer die ersten Schritte.

Für „pro Oriente“ stellt sich nun die Frage, welche Hilfe in dieser neuen Phase des Dialogs geleistet werden kann. Gespräche in Wien können durch ihren inoffiziellen Charakter dazu beitragen, manche Türen zu öffnen, die sonst schwer zugänglich sind. Der neutrale Boden und die Aufgeschlossenheit für den Osten haben Wiens guten Ruf begründet.

Konkrete weitere Aufgaben sind nun, die Methodenfrage zu klären, Sonderprobleme und Spezialthemen aufzugreifen. Vor allem aber soll den autokephalen Kirchen des Balkans, und zwar der serbischen, der rumänischen, der bulgarischen und auch der ökumenisch weniger aufgeschlossenen Kirche von Griechenland größte Aufmerksamkeit geschenkt werden.-In den Beziehungen zur rumänischen Kirche konnte Wien bereits bahnbrechend wirken. Diese Kirche hatte niemals Kontakte zur katholischen Kirche. Noch vor 15 Jahren wurde Vertretern der römischen Kirche das Visum verweigert. 1967 durfte dann Kardinal König nach Rumänien einreisen. Seither haben sich die Beziehungen sehr herzlich entwickelt.

Die bulgarische Kirche unterhält sehr gute Verbindungen zu Rom. Da ihr Nationalheiliger, der heilige Kyril, in Rom begraben hegt, kommen immer wieder Besucher zu seinem Grab; dann werden auch die Kontakte zu den kirchlichen Stellen stets gepflegt.

Von den herzlichen Verbindungen zum ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel konnte bereits öfter berichtet werden, während es bis heute nicht gelungen ist, einen Bischof der Kirche von Griechenland auch nur einzuladen. Diese Kirche, beeinflußt von einigen Vertretern des Mönchtums, hat starke Emotionen gegen jegliche ökumenische Bestrebungen. Sie hat kürzlich sogar protestiert, als der Staat diplomatische Beziehungen zum Vatikan aufnehmen wollte. Sie ist eine autokephale Staatskirche, die sehr an der Politik-etwa am Anschluß Zyperns an Griechenland - interessiert ist, weniger an religiösen Problemen.

Eine Ausnahme bilden die theologischen Fakultäten von Athen und Thessaloniki. Zu ihnen hat „pro Oriente“ sehr gute Kontakte. Allerdings lehren an den griechischen theologischen Fakultäten fast nur Laien; Priestertheologen sind eine Ausnahme.

Wien sieht große historische Möglichkeiten auf dem Gebiet der Balkanorthodoxie. Im Herbst feiert „pro Oriente“ sein 15jähriges Bestehen. Der Generalsekretär der Stiftung, Alfred Stirnemann, hofft, zu dieser Gründungsfeier einen Patriarchen als Gast des Kardinals in Wien begrüßen zu können.

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