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Im Dialog zur Kooperation

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Der Dialog zwischen den Kirchen ermöglichst geeintes Auftreten gegenüber dem Islam. Die ökumenische Bewegung hat in den letzten Jahren unter den Christen des Nahen Ostens zahlreiche Veränderungen gebracht.

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Der Dialog zwischen den Kirchen ermöglichst geeintes Auftreten gegenüber dem Islam. Die ökumenische Bewegung hat in den letzten Jahren unter den Christen des Nahen Ostens zahlreiche Veränderungen gebracht.

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„Für unsere Gläubigen war es bis vor kurzem unvorstellbar, mit Angehörigen anderer Konfessionen zu beten, inzwischen ist es schon fast selbstverständlich" berichtete der syrisch-orthodoxe Erzbischof Mor Malathiosa von Horns in Syrien.

Im gesamten Nahen Osten gibt es etwa so viele Christen wie in Österreich und der Schweiz. Zum Unterschied von den meisten europäischen Staaten gehören sie jedoch zahlreichen verschiedenen Kirchen an. Auch die katholische Kirche feiert die Messe nicht etwa nach dem uns bekannten lateinischen Ritus in der Landessprache, sondern in sieben verschiedenen Formen. Jahrhundertelang dominierte das Neben- oder Gegeneinander.

Kontakte zu anderen Konfessionen waren verboten, einen Angehörigen einer anderen Konfession zu heiraten, war jenseits des Vorstellbaren. Man verurteilte einander vorwiegend aufgrund der dogmatischen Unterschiede im Bereich der Christologie. Langsam sickerte das ökumenische Gedankengut auch hier durch. Nach den Worten des koptisch-katholischen Patriarchen Stephanos leistete dabei die Wiener Stiftung „Pro Oriente" durch die fünf Altorientalenkonsultationen zwischen 1971 und 1988 einen nicht unwesentlichen Beitrag.

Der jetzige koptische Papst Sche-nuda schlug dabei eine Formel aus der koptischen Liturgie vor, die die strittige Terminologie vermied und von beiden Seiten akzeptiert wurde (Wiener Christo logische Formel). Ein weiterer Schritt war die Gründung des Nahostkirchenrates, dem 1989 auch die katholischen Ostkirchen beitraten.

In den letzten Monaten hat dieser Nahostkirchenrat eine rege Aktivität entwickelt: Langsam wird versucht, das ökumenische Gedankengut auch unter den Gläubigen zu verbreiten, großteils mit Erfolg. Stolz verweist Erzbischof Mar Gregorios Yohanna Ibrahim von Aleppo darauf, daß es mittlerweile in seiner Stadt bereits zu den selbstverständlichsten Dingen gehört, untereinander zu heiraten.

Von den zentralsten gemeinsamen Texten wie „Vater unser" und Glaubensbekenntnis werden gegenwärtig gemeinsame Versionen ausgearbeitet.

Ebenso wichtig scheint jedoch das gemeinsame Auftreten gegenüber dem Islam: „Der Eindruck, die Christen seien untereinander zerstritten, macht uns vor den Moslems lächerlich", meint eine maronitische (katholische) Gläubige.

Dies besonders angesichts des wiedererwachenden Fundamentalismus und der - in vielen Ländern verbotenen - arabischen Vereinigungsbewegung. Für die Christen ist es wichtig, daß es keine Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam gibt, sondern vielmehr einen Kampf von

Fundamentalisten gegen die Regierung. „Die jüngsten Ausschreitungen gegen die koptischen Viertel in Ägypten waren nicht Zeichen einer Verschlechterung der Beziehung zu den Moslems, sie sind ein Zeichen eines Kampfes von Fundamentalisten gegen die ägyptische Regierung", meinte jüngst der koptische Metropolit Amba Bishoy.

Dennoch ist man sich bewußt, daß der Dialog mit dem Islam von großer Bedeutung ist: „Der theologische

Dialog allein genügt nicht mehr, wir müssen mit den Moslems auch über Menschenrechtsfragen und politische Themen diskutieren", meinte jüngst Erzbischof Aram Keshishian, Primas des Libanon und Moderator des Weltkirchenrates.

Die Lage der Christen ist von Staat zu Staat sehr unterschiedlich. In Syrien und im Libanon - aber auch im Irak - genießen sie gegenwärtig verhältnismäßig große Freiheit. Besonders in Syrien haben sich in den letzten Jahren zahlreiche neue Möglichkeiten ergeben: Neue Kirchen werden gebaut, Gottesdienste im Freien abgehalten, Sozialeinrichtungen entstehen. Dagegen werden aus Saudiarabien und besonders aus dem Sudan Christenverfolgungen gemeldet.

Die zwischen sieben und zwölf Millionen Christen im arabischen Sprachraum gehören im wesentlichen zu fünf Kirchenfamilien:

□ Den orientalisch-orthodoxen (auch altorientalischen) Kirchen zu der die Kopten, Syrer, Armenier, aber auch die Äthiopier gehören.

□ Der orthodoxen Kirche, also jener Glaubensgemeinschaft der auch die meisten Griechen, Russen und Serben angehören.

□ Der katholischen Kirche.

□ Der assyrischen (fälschlich nesto-rianischen) Kirche.

□ Verschiedenen protestantischen Kirchen.

Die größte Kirche davon ist die koptisch-orthodoxe, deren Papst Schenuda seinen Sitz in Kairo hat. Größere christliche Gemeinschaften leben außerdem im Libanon, in Syrien, im Irak sowie im Sudan.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Christen aufgrund von Emigrationen - vorwiegend in die USA, nach Australien und die skandinavischen Länder - stark zurückgegangen.

Der Autor ist Mitarbeiter von „Pro Oriente".

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