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Auch die Ostkirchen bereiten ihre Synode vor

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Seit 16 Jahren laufen die Vorgespräche, alle 16 autonomen Patriarchate orthodoxer Kirchen zu einem Panor- thodoxen Konzil zusammenzubringen. Der Gedanke selbst geht seit bald einem halben Jahrhundert um. Schließlich wurde Patriarch Athenagoras von Konstantinopel zum Fahnenträger der Synode. Wenn man bedenkt, daß die gesamte Orthodoxie nur die sieben Konzüe vor der Trennung von der Katholischen Kirche im 11. Jahrhundert anerkennt und seither keine allgemeine Synode mehr zu- ‘Standekämj Wird mai verstehen; daß die Sehnsucht, miteän’andeir zu1 sprechen, ungemein groß geworden ist.

Aber schon allein ein Konsens über die Tagesordnung der Themen stellt die Organisatoren vor größte Schwierigkeiten. Die einzelnen Kirchen leben in sehr unterschiedlichen Situationen, die europäischen in westlich orientierten Ländern haben andere Probleme als jene unter kommunistischen Regimen, wobei auch diese von Land zu Land verschieden sind. Dazu kommt noch die Kirche in der amerikanischen Diaspora.

Der erste Themenkatalog wurde 1961 auf Rhodos zusammengestellt. Theologen und Bischöfe nahmen Stellung, diskutierten und verwarfen wieder. Standen einmal mehr juridische Probleme wie Ehehindernisse, die Angleichung des kirchlichen Kalenders und die Fastengebote zur Debatte, so schlugen fünf Theologen 1972 in einem Memorandum vor, Grundthemen des Glaubens, der Gemeinde und der Einheit der Kirchen zu behandeln. Anstelle der ersten sechs Themen kamen nun etwa zwanzig ins Gespräch.

Es wurde die Frage aufgeworfen, ob über das innerliche oder das äußerliche Leben des Christen und der Kirche, ob über die ewigen oder die unmittelbaren irdischen Perspektiven gesprochen werden sollte. Kritiker meldeten sich, und neue Vorschläge wurden eingebracht. 1973 wurden aber während eines Kolloquiums in Kreta die angelaufenen 23 Themen auf ein einziges, allgemein gehaltenes „Die Kirche und die Welt” reduziert. Daraufhin wurden dann drei Arbeitsgruppen gebildet, die mehr seelsorglich orientiert waren, denn man wollte, sollte das Konzil Zustandekommen, unter allen Umständen ein Schisma vermeiden.

Die Gefahr eines Schismas ist vor allem in kommunistischen Staaten mit einer starken atheistischen Propaganda gegeben, denn jede Änderung oder Anpassung an die heutige Zeit wäre dort den Gläubigen als eine staatliche Verordnung verdächtig. Aus diesem Grunde würden wohl viele Lokalkirchen bei den alten Vorschriften bleiben. Dieses „Altglauber-Problem” hängt wie ein Damoklesschwert über dieser Synode. Die Furcht davor ist groß. Die Wirksamkeit des Panortho-

doxen Konzils hängt aber davon ab, ob die Beschlüsse von allen anerkannt werden können. Deshalb sind auch die Bemühungen so intensiv, schon in der Vorkonferenz einen Konsens über die Themen zu finden. Der Metropolit Justin von Moldau und Suceava in Rumänien hat nun zehn Themen aufgestellt, die auch von allen Delegierten angenommen wurden.

Die ersten vier befassen sich mit dem schon seit Jahren sehr brisanten Problem der „Autonomie, Autokepha- lie und Diaspora”. Wer hat das Recht, einer nationalen Kirche die Unabhängigkeit zu geben? Konkret geht tes darum, daß der russische Patriarch seinen Gläubigen, die nach Amerika ausgewandert sind, die Autonomie verliehen hat, während sich für sämtliche orthodoxen Christen, die in der Diaspora leben, Konstantinopel zuständig fühlt. Die Kirchensprache der in Amerika lebenden Orthodoxen ist längst das Englische geworden, Konstantinopel fühlt sich durch diese einseitige russische Erklärung vor den Kopf gestoßen. Nicht nur sein Einfluß ist dadurch empfindlich beschnitten, zugleich ist damit auch eine finanzielle Einbuße verbunden.

Diese Frage gemeinsam zu lösen, wäre von größter Wichtigkeit, da sie einige Kirchen voneinander bis fast zum Schisma isoliert hat. Der Zwiespalt kommt hier nicht von dogmatischen Unterschieden, sondern von Jurisdiktionsansprüchen.

Die anderen Themen haben Pastoralen Charakter. Sie sollen die Vorschriften einiger Kanons mildem, wie etwa die Anpassung der strengen Fastengebote an die Erfordernisse der heutigen Zeit, Ehehindemisse, Priesterweihe und Wiederverheiratung der Priester, und schließlich die Be ziehungen der orthodoxen Kirchen zu anderen christlichen Konfessionen und der ökumenischen Bewegung. Die Teilnahme an den Dialogen mit anderen christlichen Bekenntnissen soll auf eine festere Grundlage gestellt werden, damit die ökumenischen Bemühungen nicht als Häresie angeprangert werden können. Aber auch die Kalenderfrage - insbesondere soll das Osterfest von allen Christen am gleichen Tag gefeiert werden - wird wieder ins Gespräch gezogen.

Bischof Antonie Plamadeala, der Pärtriarchalvikar der rumänischen Partriärchie, berichtete beim 20. ökumenischen Symposion der Stiftung „Pro Oriente” über die Vorbereitung zur Panorthodoxen Synode. Er ist optimistisch und voll Hoffnung für ein Gelingen, da die zehn Themen von allen Delegationen angenommen worden sind. Die lokalen Kirchen haben sie zum Studium übernommen. Möglicherweise kann die zweite vorsynodale Konferenz bereits zu Jahresende stattfinden. Hat sie Erfolg, kann dann in ein bis zwei Jahren die große panorthodoxe Synode zusammentreten.

Glaubensfragen werden nicht behandelt werden. Doch sind es brennende Probleme, die anstehen, die jedoch für andere Konfessionen kaum aktuell sein dürften. Ihre Lösung wird keinen revolutionären Charakter haben, sie soll vor allem Frieden im innerorthodoxen Leben stiften. So wie sich die Menschen mit der Zeit ändern, müssen auch die Kirchen ein gewisses Aggiomamento in Gesellschaft, Struktur und Sprache vornehmen. Vertreter anderer christlicher Kirchen werden wahrscheinlich als Beobachter daran teilnehmen.

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