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Das Angebot des Dialogs

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Mitte Februar überreichten der Vorsitzende und der Sekretär der HI. Gesamtorthodoxen Konferenz auf Rhodos, die Metropoliten Meutern von Heliopolis und Chrysostomos von Myra, im Auftrag des Heiligen Synods des ökumenischen Patriarchates von Konstantinopel , amtlich die Beschlüsse dieser Konferenz an Papst Paul VI. und den Heiligen Stuhl. Das Patriarchat von Konstantinopel hat nicht nur ein völkerverbindendes Erbe aus der byzantinischen Vorzeit, sondern seine Gläubigen leben in der Mehrheit in Übersee. Beide Prälaten verfügen über reichliche ökumenische Erfahrungen. Das Patriarchat bereitete die drei Rhodoser Konferenzen vor und führt auch ihre Beschlüsse durch. „Es geziemt sich“ — erklärte ein Sprecher — ,.für die Mutterkirche von Konstantinopel, daß sie den ersten Schritt auf dem in Rhodos geebneten Weg mache.“

Das amtliche Angebot des Dialogs „auf gleicher Ebene“ durch die orthodoxen Kirchen an die römischkatholische Kirche ist das Gemeinschaftswerk der Orthodoxie und bildet den Auftakt zu brüderlichen Beziehungen. Es ist der Schlußstrich unter eine lange Entfremdung und Reiberei, ein ökumenischer Meilenstein christlicher Verbundenheit und Zusammenarbeit gegenüber der modernen Menschheitsfamilie. Die Rhodoser Konferenzen stellen die auf zahlreiche autokephale Kirchen aufgegliederte Weltorthodoxie wie einen geschlossenen Block dar. Die I. Gesamtorthodoxe Konferenz auf Rhodos vom 25. bis 29. September 1961 wurde von zwölf Kirchen mit 63 Vertretern, die II. Konferenz vom 26. September bis 1. Oktober 1963 von zehn Kirchen mit 22 Vertretern und die III. Konferenz von 1. bis 15. November 1964 von dreizehn Kirchen —Albanien und . Sinai fehlten — mit 49 Vertretern beschickt. Die auslandsrussischen Kirchen waren wegen ihres nicht allgemein anerkannten kanonischen Status nicht anwesend. Diese Geschlossenheit, die Antwort auf die zahllosen internationalen Arbeitsausschüsse und -gemeinschaften des industriellen Zeitalters, erinnert an byzantinische Zeiten. Die internationale Zusammenarbeit der Orthodoxie reagiert sehr leicht wegen ihres kollegialen Charakters und der Zeitlage der politischen Machtblöcke auf bestimmte Einwirkungen. Die Antwort der östlichen Patriarchen auf das Rundschreiben „In suprema Petri“ Papst Pius' IX. im Jahre 1848 unterzeichneten nur vier Patriarchen und die Mitglieder des Synods von Konstantinopel. Die russische Großkirche war weder bei der Orthodoxen Konferenz in Konstantinopel 1923 noch beim I. Orthodoxen Theologenkongreß in Athen 1936 vertreten. Die von zehn Kirchen mit Vertretern beschickten Moskauer Orthodoxen Kirchenkonferenzen 1948 und 1958 hatten als Jubelfeiern einen lokalen Charakter. Zu den Rhodoser Konferenzen ordneten die Katholiken Gäste und Pressevertreter ab, die aber keinen Zutritt zu den Verhandlungen hatten. Die Anglikaner sahen deshalb von der Abordnung von Gästen ab.

Die Beziehungen der orthodoxen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche waren bei den Rhodoser Konferenzen wiederholt Beratungsgegenstand. Das von sechs Ausschüssen erstellte Themenverzeichnis der I. Rhodoser Konferenz für die orthodoxe Prosynode verrät eine weltweite Aufgeschlossenheit für brennende Fragen der Weltorthodoxie und erinnert an die Arbeit der Vorbereitenden Kommission des II. Vatikanischen Konzils. Es umfaßt neben anderen dogmatischen und liturgischen, theologischen und sozialen, innerorthodoxen und interkonfessionellen Fragen auch die Umschreibung des eigenen Standortes gegenüber der römisch-katholischen Kirche. „Dieses Programm ist zweifellos eindrucksvoll: acht Kapitel mit Gliederungen und Untergliederungen! Die sieben ökumenischen Konzilien hatten keinen so umfassenden Stoff; aber die Anwesenheit aller Theologen aller autokephalen Kirchen würde nicht ausreichen, um die Erforschung all dieser Probleme zu gewährleisten“, urteilt der Protosynkellos von Alexandrien, Archimandrit JVikodcmos Von systematischem Studium war seither keine Rede, Teilfragen könnten in die Beratungen des II. Orthodoxen Theologenkongresses in Bukarest einbezogen sein, wie es beim I. Theologenkongreß 1936 der Fall war.

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