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Was wird aus dem Konzil? (n)

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Das Konzil war als ökumenisches Konzil angekündigt. Wir wissen von den Mißverständnissen, die bald entstanden und die, eine Entwicklung von Jahrzehnten, vielleicht von Jahrhunderten vorwegnehmend, von diesem Konzil faktisch die Herstellung einer konkreten Einheit aller christlichen Kirchen erwarteten. Aber als die großen außerkatholischen christlichen Gemeinschaften eingeladen wurden, zu diesem Konzil Beobachter zu entsenden, haben die meisten dieser Einladung entsprochen. Seit Wochen nun sitzen diese Beobachter bei den Generalkongregationen und hören jedes Wort, das dort gesprochen wird. Sie haben sich im Konkreten noch nicht geäußert, aber sie haben immer wieder zu erkennen gegeben, daß die absolute Freiheit dieses Konzils sie tief beeindrucke, eine Freiheit, um deren Bewahrung willen ihre Vorväter einst von der Kirche sich trennen zu müssen glaubten. Keine Beobachter hat das orthodoxe Patriarchat von Konstantinopel entsandt, obwohl gerade dorthin viele Fäden liefen. Wohl aber hat, und zwar im letzten Augenblick, das orthodoxe Patriarchat von Moskau Beobachter zum Konzil geschickt Konstantinopel, das daraufhin ver ständlicherweise bitter reagierte, fühlte sich von Rom und Moskau gleichermaßen überspielt, hatte es doch gerade mit Rücksicht auf Moskau so lange gezögert, die Einladung nach Rom anzunehmen. Mit dem Erscheinen der Russen in Rom ist der ökumenische Asüekt des Konzils, das religiöse Gesüräch zwischen Katholiken und Orthodoxen, sofort von einem kirchen-polirischen überdeckt worden, dem Problem der Beziehungen zwischen Rom und Moskau. Noch eine Gruppe war über die Anwesenheit Moskauer Vertreter in Rom nicht sehr erfreut: die griechisch-katholischen Bischöfe der Ukrainer, die aus dem Exil nach Rom gekommen waren. In ihrer Heimat ist die Kirche nahezu restlos ausgerottet. Brücke zu sein zwischen römischer Kirche und der Orthodoxie, war das nicht ihre Aufgabe? Sie haben das Schicksal der Brücke, bei feindlichen Auseinandersetzungen als erste gesprengt zu werden, allzuoft erlitten. Ist es nicht verständlich, wenn sie fürchten, funktionslos zu werden, überflüssig, wenn der Graben zwischen den beiden Konfessionen einmal zugeschüttet werden sollte? Aber als eine Meldung durch die italienische Presse ging — sie wurde später offiziell als Falschmeldung bezeichnet —, die griechisch-katholischen Bischöfe betrachteten die Beobachter des Moskauer Patriarchats als politische Sendlinge des Moskauer Regimes, da stellte sich das Sekretariat Bea mit einer Erklärung, deren Schärfe und Deutlichkeit nichts zu wünschen übrigließ, vor die Moskauer Beobachter, deren rein religiöse, ökumenische Motive sie unterstrich.

Wer beim Konzil politisches Gras wachsen hören wollte und mit Illusionen oder Angstkomplexen schon die Fäden sich spinnen sah zwischen Rom und Moskau, der wurde in seinen Phantasien bestärkt, als ein römischer Prälat rein theoretisch von der Möglichkeit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Vatikan und Rußland sprach. Vorbedingung, das wurde mit aller Deutlichkeit klargestellt, müsse die Freiheit der Kirche sein. Die Kirche ist für alle da, für die Katholiken des Westens ebenso wie für die des Ostens. Aus dem kommunistischen Machtbereich, soweit er sich auf Moskau ausrichtet, sind Bischöfe aus nahezu allen Ländern gekommen, es fehlt eigentlich nur Rumänien; aus dem Einflußbereich Pekings gar niemand, nicht aus Albanien, nicht aus Nordvietnam, nicht aus Nordkorea und natürlich nicht aus China.

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