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Wien als echte Brücke zum Osten

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Das Symposion über die „Wiederbegegnung von Ostkirche und Westkirche“ ist für den Wiener Erzbischof Anlaß zu besonderer Freude. Er ist einem so bedeutenden Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche wie dem Metropoliten Meliton, der bei seiner Ankunft einen Brief des Patriarchen von Konstantinopel überbrachte, vom Herzen dankbar, daß er die Einladung angenommen hat, zu Gesprächen und persönlichen Kontakten nach Wien zu kommen. Wenn auch Bischof Willebrands vom Sekretariat des Kardinals Bea nach Wien kommt, um einen Vortrag zu halten, so scheint dieser ersten Begegnung zwischen orthodoxer und katholischer Kirche auf Wiener Boden eine besondere Bedeutung zuzukommen.

Wien bietet damit — den Intentionen des Apostolischen Stuhles von Rom entsprechend — seine Dienste an, um auch einen Beitrag zu leisten für eine neue und fruchtbare Wiederbegegnung der getrennten Christenheit, zwischen Osten und Westen.

Wien wird gern das Tor zum Osten, die Stätte der Begegnung zwischen Ost und West genannt, weil hier das gegenseitige Verstehen, das Zusammenlebenkönnen ein Ergebnis jahrhundertealter Tradition der Hauptstadt eines Vielvölkerreiches ist. Aus diesem Grunde scheint mir ein solches Treffen gerade in Wien an einem geeigneten Orte stattzufinden. Aber darüber hinaus ist —

speziell auf dem Gebiete der Begegnung zwischen Orthodoxie und Katholizismus — Wien ein Ort großer Traditionen. Österreich war der erste katholische Staat, der — bereits im 17. Jahrhundert — auf seinem Gebiete eine autokephale, selbständige Landes- und Nationalkirche organisierte und damit — lange vor der Entstehung der orthodoxen Nationalkirchen und Nationalpatriarchate — den Weg beschritt, der zur gegenwärtigen Strukturform der gesamten Orthodoxie führte. Als zu Ende des 17. Jahrhunderts, noch während der Türkenkriege, der Patriarch von Pec — er wurde seinerzeit von der Pforte als Etnarch der slawischen Orthodoxen anerkannt — vor den Türken geflohen war, da nahm ihn Österreich mit seinen Gläubigen auf, anerkannte ihn als kirchliches Oberhaupt aller Orthodoxen auf österreichischem Boden. Und als die Türkei das Patriarchat von Pec auf türkischem Boden wiederherstellte, errichtete Österreich am Exilsitz des Patriarchen von Pec die Metropolie von Karlowitz für alle Orthodoxen auf österreichischem Boden. Die Metropolie von Karlowitz hat sich übrigens immer als Rechtsnachfolgerin des Patriarchates von Peö betrachtet. Auf diese Weise erstand zum erstenmal eine österreichisch-orthodoxe Landeskirche in einem sonst katholischen Lande. Katholiken und Orthodoxe haben auf diese Weise zu einem friedlichen Zusammenleben gefunden.

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