Gegen den Strich gebürstet

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Es war der 17. Jänner 2015, abends. Am Telefon meldeten sich zwei Hier­archen von Staat und Kirche: Ob ich bereit sei, der stellvertretende Generalsekretär und Vertreter Österreichs im Wiener „König Abdullah-Dialogzentrum“ (KAICIID) zu werden. Zur Erinnerung: Zuvor hatte Ex-Justizministerin­ Bandion-Ortner diese Funktion wegen peinlicher Interviews zurücklegen müssen (z. B.: in Saudi-Arabien werde ja ohnedies „nicht jeden Freitag ­geköpft“ …).

Ich habe das Angebot damals nicht angenommen – weil, erstens, schon zu alt; zweitens nicht vielsprachig genug; und, drittens, die Rahmenbedingungen (Haupt-Financier Saudi-Arabien, gemeinsam mit Österreich und Spanien – und der Heilige Stuhl als Beobachter) ein Scheitern erwarten ließen.
Seit damals verfolge ich die Arbeit des KAICIID, wie auch den Widerstand dagegen, sehr aufmerksam und mit enorm widersprüchlichen Gefühlen:

  • Immer wieder entsetzt über die Menschenrechtsverletzungen der Saudis (Khashoggi, Badawi …). Wie kann ein so repressives Regime mit einem interreligiösen und interkulturellen Dialogzentrum vereinbar sein?
  • Betroffen auch von der Bedenkenlosigkeit westlicher Milliardengeschäfte (Kriegsgerät) mit Riads rigid-fundamentalistischer Feudalherrschaft.
  • Zugleich aber fasziniert, wieviel an segensreicher interreligiöser Dialogarbeit dem KAICIID auch unter solch fatalen Rahmenbedingungen gelingt.
  • Und zuletzt bestürzt über Heuchelei und Opportunismus unseres Parlaments. Seit Jahrzehnten hofiert (auch) Österreich die Saudis politisch und wirtschaftlich, will sie aber ausgerechnet mit der Schließung des KAI­CIID „bestrafen“. Vorwahl-Augenauswischerei.

Anschluss an die „Welt von heute“

Ich frage mich: Wie viele unserer Volksvertreter haben sich je erkun­digt, was dort geschieht? Haben ihren Fuß über die Schwelle des Hauses an der Ringstraße gesetzt, in dem sechzig Mitarbeiter aus dreißig Nationen und den großen Weltreligionen werken? Wie viele haben verfolgt, was da praxisnah erdacht, getan und gefördert wird: an weltweiter Friedensarbeit, Integration von Flüchtlingen, Versöhnungsinitiativen, Frauenpolitik, Dialog-Erziehung …? Christlich-muslimisch, jüdisch-muslimisch vor allem – und vereint gegen Gewalt im Namen von Religion.

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