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Politik der Erheiterung

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Politiker sind arm. Wer es nicht glaubt, kann darüber in den Tageszeitungen lesen. Ihre aufreibende Tätigkeit läßt ihnen auch keine Zeit für Steuererklärungen und schon gar nicht für umständliche Fragen, woher und warum sie nun ihre Entschädigungen bekommen. Wahrscheinlich steckt ihnen knapp vor anstrengenden Sitzungen irgendein verantwortungsloser Kassier mehrere Banknoten in die Rocktasche, und zu ihrem Erstaunen bemerken sie erst in der ,JEden“, einige Tausen-

der zu besitzen, über deren Herkunft sie im unklaren sind.

Und wirklich, würden sie in die andere Rocktasche greifen, fänden sie auch dort Banknoten vor, sollten sich die Sitzungstermine gehäuft haben. Niemandem ist vorzuwerfen, daß er diese Zuwendungen nicht versteuert: er weiß ja auch nicht, woher dieser Goldregen stammt.

Erstmals werden Politiker Opfer ihrer Parteien und Gremien. Die Gewinnausschüttungen werden ja vermutlich anonym verteilt, und die bescheidenen Auszahlungen sind ja auch bald verjubelt, so daß sich für die kurze Zeit des Besitzes eine Steuererklärung vor dem Finanzamt lächerlich ausnimmt.

Wenn irgendwelche Bürger in wilder Gier Millionen aufhäufen, so sind sie natürlich zu veranlagen, und hiefür haben wir unzählige Behörden geschaffen, die auch für die pünktliche Einhaltung der Zahlungen sorgen, denn wohin kämen wir sonst. Politiker kennen Finanzämter wahrscheinlich nur von der Budgetrede des Ressortministers, und beim Beschluß einer Novelle zum Finanzstrafgesetz werden sie über die Schlechtigkeit der Leute entsetzt gewesen sein.

Nichts brachte sie auf die Idee, daß sie vom Gesetz ebenfalls gemeint sind. Warum auch?Haben sie nicht alles geopfert, was in unserer Kultur zu opfern ist? Familie, Zeit, Urlaub und Gemütlichkeit. Und wer darf da neidig sein!

So erzählt man sich, kleine Sekretärinnen, obendrein in Unkenntnis über die Länge der Politikerarbeitstage, würden von sich aus ihre Chefs bei den Finanzämtern anzeigen. Pfui!

So gibt es nur mehr einen einzigen Ausweg, um die kleinen Zuwendungen und Barzahlungen wie bisher an den Mann zu bringen: spezielle Garderoben und große Manteltaschen mit Sicherheitsverschluß. Gleich neben den Hauptkassen.

Erst am Heimweg, spät am Abend, wird sich herausstellen, ob sich die Arbeit gelohnt hat. Manche werden enttäuscht sein, manche aber auch überrascht. Weiß der Himmel, wie dieses Geld wiederum iri die Taschen gekommen ist? Immerhin ist es ein Grund zum Feiern, und die Politiker treffen sich in der ,ßden“, wie es ja die Fotos im Schaukasten beweisen.

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