6895374-1980_09_06.jpg
Digital In Arbeit

Schweiz: Muß die Kirche ins Getto?

Werbung
Werbung
Werbung

„Im Namen Gottes des Allmächtigen", beginnt die Präambel der schweizerischen Bundesverfassung - zumindest jetzt noch. Denn sollte sich die Mehrheit des Schweizer Volkes' und der Stände in einer Volksabstimmung am 2. März auf die Seite einer Bürgerinitiative schlagen, die die „vollständige Trennung von Kirche und Staat" fordert, würde diese Präambel wohl gestrichen. Und die Kirche in der Schweiz müßte damit dorthin verwiesen werden, wo sie dielnitian-ten dieser Volksabstimmung haben wollen: in ein privatrechtliches Getto.

Allerdings: Echte Erfolgschancen werden der Initiative nicht eingeräumt. Von den drei ursprünglichen Initianten sind zwei inzwischen schon wieder abgesprungen, übriggeblieben ist noch Fritz Dutler aus Bern. Zudem gab es schon einmal ein ähnliches Volksbegehren im Kanton Zürich im Dezember 1977, bei der sich die Stimmbürger mit 227.808 zu 82.560 eindeutig gegen eine Trennung von Kirche und Staat aussprachen.

Abgelehnt wird die jüngste eidgenössische Initiative außerdem von sämtlichen Kantonsregierungen. Begründung: Sie sei eine Bundesintervention in das von jeher ihnen überlassene Feld der Beziehungen zwischen Staat und Kirche.

Grundüberlegung der Initianten ist die absolute „Wertneutralität des Staates". Deshalb verlangen sie neben der eingangs erwähnten Streichung der Präambel der Bundesverfassung auch die Aufhebung der ö ff entlich-rechtlichen kirchlichen Privilegien, des Rechts der Kirchen zur Erhebung von Steuern, den Verzicht auf kirchlichen Religionsunterricht an staatlichen Schulen und auf die Finanzierung theologischer Fakultäten aus Staatsgeldern.

Die radikalen Forderungen, die auf einen abrupten Bruch zwischen Kirche und Staat in der Schweiz hinauslaufen, waren selbst für die liberale „Neue Zürcher Zeitung" viel zu weit übers Ziel geschossen, ja schlichtweg abzulehnen:

Die Initiative, heißt es dort in einem ausführlichen Artikel zur Thematik, „würde den vielfältigen Baumbestand der kantonalen Kirchen nicht nur auf einen eidgenössischen Einheitsschnitt ausrichten, sie würde den meisten Kantonalkirchen auch die materielle Basis für ihre bisherige kirchliche und soziale Tätigkeit mit dem Entzug des Steuerrechts auf ein Drittel oder Viertel einengen und aus den Volkskirchen Bekenntniskirchen machen".

Und weiter schrieb die NZZ: „Die .vollständige Trennung' käme ... einem .radikalen, gewaltsamen Bruch mit geschichtlich Gewachsenem' gleich und würde die heutigen Bestrebungen für eine sinnvolle Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen durchkreuzen ..."

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung